Hundehalter haftet für Schäden von helfendem Menschen

von Carl Christian Müller

Tierhalterhaftung erfasst auch erst durch helfendes Eingreifen des Menschen verursachte Schäden, dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden (Urteil vom 18.1.2023, Az. 4 U 249/21). Beim Versuch, die Tiere zu trennen, stürzte die Klägerin.

Hund und Katze
Foto: nataba/AdobeStock

Hundehalte zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt

Der Halter eines Tieres haftet nicht nur für unmittelbar durch das Tier verursachte Verletzungen. Die Tierhalterhaftung erfasst vielmehr auch Fälle, in denen ein Mensch sich aufgrund der vom Tier herbeigeführten Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat entschieden den Halter eines Hundes dem Grunde nach zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt, da dieser den Kater der Klägerin angegriffen hatte. Beim Versuch, die Tiere zu trennen, stürzte die Klägerin.

 

Auseinandersetzung zwischen Hund und Kater

Die Parteien sind Nachbarn. Sie räumten im Januar 2017 gleichzeitig Schnee von ihren Grundstücken. Unter dem Neuschnee hatte sich auf dem klägerischen Grundstück eine vereiste Fläche gebildet. Der Hütehund des Beklagten gelangte während der Räumarbeiten auf das Grundstück der Klägerin. Ob die Klägerin nachfolgend stürzte, da der Hund des Beklagten den Kater der Klägerin angegriffen hatte, ist zwischen den Parteien streitig. Das Landgericht Gießen hatte nach Beweisaufnahme die auf Schmerzensgeld und Feststellung der Einstandspflicht für weitere Schäden gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.8.2021, Az. 2 O 623/20). Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin stellte das OLG Frankfurt am Main dagegen fest, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zustehe.

 

OLG Frankfurt: Klägerin versuchte die Tiere zu trennen

Der Beklagte hafte nach den Grundsätzen der sog. Tiergefahr, begründete das OLG Frankfurt am Main seine Entscheidung. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Klägerin gestürzt sei, da sich der Hund auf ihren Kater gestürzt und diesen am Kopf gepackt habe. Die Klägerin habe die Tiere mit ihrem Besen trennen wollen. Sowohl die Angaben der Klägerin als auch die des Beklagten deckten diesen Geschehensablauf. Der Beklagte hatte im Rahmen seiner Anhörung klargestellt, dass er lediglich gesehen habe, „dass sein Hund Schläge bezogen habe“. Die Sicht auf das weitere Geschehen sei dagegen verdeckt gewesen. Es spreche nichts dafür, dass die Klägerin den Hund „ohne jeden Grund geschlagen haben sollte“. Die Klägerin habe den Hund vielmehr schon lange gekannt und in der Vergangenheit regelmäßig mit ihm gespielt. Das vom Beklagten berichtete Schlagen lasse sich „ohne Weiteres in Übereinstimmung bringen mit der Schilderung der Klägerin, sie habe versucht, mit dem Besen die Tiere zu trennen“. Die Angaben der Klägerin seien auch von den Zeuginnen bestätigt worden. Aus der ärztlichen Stellungnahme ergebe sich zweifelsfrei, dass die Klägerin in der fraglichen Zeit Verletzungen am Hand- und Kniegelenk erlitten habe.

 

Verletzung muss nicht unmittelbar durch das Tier erfolgen

Als Halter des Hundes habe der Beklagte damit für die erlittenen Schäden einzustehen. Die verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters bestehe bereits, wenn eine Verletzung „adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist“. Es komme nicht auf eine unmittelbar durch das Tier bewirkte Verletzung an. Ausreichend sei, „wenn sich ein Mensch durch die von dem Tier herbeigeführte Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht“, betont das OLG Frankfurt. So liege es hier. Die Klägerin habe sich durch den Angriff des Hundes dazu veranlasst gesehen, dem Kater zur Hilfe zu eilen. Auch wenn es angesichts der winterlichen Verhältnisse aus objektiver Sicht unklug gewesen sei, sich schnell auf die Tiere zuzubewegen, sei es doch eine völlig naheliegende Reaktion gewesen. Der Höhe nach ist über die erlittenen Verletzungen noch Beweis zu erheben, so dass das OLG Frankfurt zunächst nur die Haftung dem Grunde nach festgestellt hat. Die Anfechtbarkeit der Entscheidung hängt von der Wertfestsetzung des Revisionsgerichts ab.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 30. Januar 2023

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht