Hundehalter haftet für OP-Kosten, die den Wert des verletzten Tieres übersteigen

von Carl Christian Müller

Ein Tier mag wirtschaftlich nur wenig wert sein. Wird es verletzt, kann es sein, dass der Schädiger Behandlungskosten zu ersetzen hat, die den Wert des Tieres um ein Vielfaches übersteigen. Dies unterstrich das Oberlandesgericht Celle in einem Urteil vom 15.02.2023 (Az. 20 U 36/20).

Hund und Pferd
Foto: nullplus/AdobeStock

OP-Kosten betragen 14.000 EUR

Der damals 24 Jahre alte Wallach des Klägers hatte im Sommer 2019 einen wirtschaftlichen Wert von etwa 300 EUR – ein Sachverständiger beschrieb ihn als „Weidekameraden“, der als „Gesellschafter“ für andere Pferde diene. Dieser Wallach floh damals vor einem Hund, der auf die Pferdekoppel gelaufen war und das Pferd anschließend bis in den nächsten Ort verfolgte. Dabei stürzte das Pferd mehrfach und verletzte sich schwer. Der Kläger ließ es für mehr als 14.000 EUR in einer Tierklinik operieren. Bereits das Landgericht Verden hatte die Halterin des Hundes verurteilt, diese Behandlungskosten zu tragen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle jetzt zurückgewiesen.

 

Hetzen des Hundes war maßgeblich

Das OLG Celle entschied zunächst, dass die Hundehalterin den gesamten Schaden ersetzen muss, obwohl der Schaden auch auf den eigenen Fluchtinstinkt des Pferdes zurückzuführen war. Das Pferd hatte nicht etwa bloß aufgrund eines kurzen Erschreckens gescheut und war dann weggelaufen. Vielmehr wurde es von dem Hund über die Koppel, über den Weidezaun und weiter auf der Straße bis in die nächste Ortschaft „auf das Äußerste“ getrieben. Diese von dem Hund ausgehende Gefahr überwog den eigenen Verursachungsbeitrag durch das Pferd deutlich.

 

Keine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise bei Tieren

Weiter entschied das OLG Celle, dass die Behandlungskosten vollständig zu ersetzen sind, obwohl sie den wirtschaftlichen Wert des Tieres um das 49-fache überstiegen. Aufgrund der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen verbietet sich eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise. Vielmehr sind sämtliche Umstände abzuwägen, unter anderem die Erfolgsaussichten der Behandlung, das Alter des Tieres und die Beziehung des Halters zu ihm. Hier war der Wallach das erste Pferd, das der Kläger erworben hatte und zu dem er von Anfang an eine besonders enge Bindung hat. Der Kläger hat das Pferd kurz nach dessen Geburt gekauft und auf ihm das Reiten erlernt. Auch nach seiner aktiven Reiterzeit hat er das Pferd weiter behalten und als Beistellpferd genutzt. Das Pferd war vor dem Unfall in einem sehr guten Zustand.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung vom 24. Februar 2023

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht