Verwaltungsgericht Berlin: Kein Recht auf "Bereinigung" einer Schülerakte bei Schulwechsel

von Carl Christian Müller

Ein Schüler, dessen Schülerakte zahlreiche Eintragungen aufweist, kann bei einem Schulwechsel nicht deren Streichung unter Berufung auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verlangen. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Eilverfahren entschieden (Beschluss vom 28.02. 2020, VG 3 L 1028.19).

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Schüler und seine Eltern halten Eintragungen in Schülerakte für "fehlerhaft und diskriminierend"

Die Antragsteller sind ein dreizehnjähriger Schüler und seine Eltern. Der Schüler besuchte ab dem Schuljahr 2018/2019 ein Gymnasium in Berlin, welches er nach einem Gewaltvorfall verließ; das Probejahr bestand er nicht. Sodann besuchte er die achte Jahrgangsstufe einer anderen Berliner Schule, wobei es zu zahlreichen, in seiner Schülerakte dokumentierten Vorfällen kam. Diese Schülerakte halten die Antragsteller aus verschiedenen Gründen für fehlerhaft und diskriminierend. Deren Übersendung in dieser Form an die Privatschule, die der Schüler nunmehr besuchen wolle, gefährde seine Aufnahme. Die Antragsteller begehren deshalb im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes im Wesentlichen die Entfernung bestimmter Seiten der Schülerakte.

 

VG Berlin: Anspruch aus DSGVO auf Löschung der Daten besteht vorliegend nicht

Die 3. Kammer hat den Antrag zurückgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch auf Bereinigung bestehe nicht. Zwar gebe es nach der DSGVO unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Löschung von Daten, insbesondere, wenn diese für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind oder die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden. Dies sei hier aber nicht der Fall.

 

Berliner Schuldatenverordnung erlaubt die Speicherung von Daten - auch nach Schulwechsel

Nach Einschätzung des Berliner Gerichts seien die Daten weiter notwendig. Die Schuldatenverordnung des Landes Berlin sehe ausdrücklich vor, dass ein Schulwechsel gerade keinen Zweckwegfall begründe. Denn nur so könne die Schülerakte ihren Zweck erfüllen, die Entwicklung der Persönlichkeit und des Verhaltens des Schülers über seine Schullaufbahn hinweg sowie die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten über einen längeren Zeitraum nachvollziehbar zu machen.

 

Gemäß Berliner Schulgesetz dürfen Schulen die Daten von Schülern und Eltern verarbeiten

Die personenbezogenen Daten seien gemäß der Ausführungen der Richter aber auch nicht unrechtmäßig verarbeitet worden. Nach dem Berliner Schulgesetz dürften Schulen nämlich personenbezogene Daten von Schülerinnen und Schülern und ihren Erziehungsberechtigten verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen durch Rechtsvorschriften zugewiesenen, schulbezogenen Aufgaben erforderlich ist. Soweit es etwa um die Speicherung von personenbezogenen Daten von Schülern über Pflichtverletzungen und deren pädagogische und rechtliche Folgen gehe, sei die Speicherung für die Aufgabenerfüllung der Schule erforderlich, da die Auswahl einer zukünftigen pädagogischen Maßnahme stets auch von der Beurteilung des Verhaltens des Schülers in vergleichbaren zurückliegenden Situationen abhängig sei. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

 

Quelle: Pressemitteilung VG Berlin vom 04.03.2020

 

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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