Berlin: Videoüberwachung des S-Bahnhofs Grunewald erlaubt

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Die Videoüberwachung des S-Bahnhofs Grunewald am 01.05.2019 durch die Bundespolizei war rechtmäßig. Dies hat das Berliner Verwaltungsgericht entschieden (Urteil vom 22.08.2022, Az. VG 1 K 405/20).

Mann nutzt Videoüberwachung
Foto: Kalinovsky Dmitry/AdobeStock

Bundespolizei überwacht Bahnsteige und Treppen

Die Kläger hatten für den 01.05.2019, wie bereits im Vorjahr, eine Versammlung angemeldet, deren Auftakt- und Abschlussort der Bahnhofsvorplatz „Am Bahnhof Grunewald“ war. Viele Teilnehmende reisten über den S-Bahnhof an. Die Bundespolizei erließ eine Einrichtungsanordnung, auf deren Grundlage Videoüberwachungstechnik u.a. auf Bahnsteigen, Treppenabgängen und im Empfangsbereich – nicht aber auf dem Bahnhofsvorplatz – installiert wurde. Auf die Kameras wiesen mehrere Schilder in Größe DIN A4 hin. Die Bundespolizei löschte die Videoaufzeichnungen am 15.05.2019. Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Videoaufzeichnungen gerichtete Klage begründeten die Kläger u.a. damit, dass diese einen ungerechtfertigten Eingriff in die Versammlungsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellten. Die Beklagte verweist auf das nach den Erfahrungen des Vorjahres bestehende Bedürfnis, eine Überfüllung des Bahnsteigs und des Personentunnels frühzeitig zu erkennen.

 

Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet den Bürgerinnen und Bürgern den Schutz ihrer persönlichen Daten. Jeder einzelne soll selbst entscheiden können, inwiefern er seine Daten preisgibt und diese durch den Staat erhoben und verarbeitet werden dürfen. Jedenfalls soll zumindest die Erfassung der Daten für den Einzelnen erkennbar sein.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist eine Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (APR). Dieses Grundrecht leitet sich aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ab. Neben dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat das APR diverse andere Ausprägungen, wie das Recht am eigenen Bild, den Ehrschutz oder das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Demgemäß soll es dem Einzelnen möglich sein, seine Persönlichkeit in einem autonomen vor den Zugriffen des Staates geschützten Bereich, entfalten zu können.

 

Videoaufzeichnung dient der Sicherheit der Versammlung

Das VG Berlin hat die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage der Videoaufzeichnung und -speicherung sei § 27 Satz 1 Nr. 2 Bundespolizeigesetz (BPolG). Danach könne die Bundespolizei selbsttätige Bildaufnahme- und Bildaufzeichnungsgeräte einsetzen, um Gefahren für Eisenbahnanlagen und für dort befindliche Personen oder Sachen zu erkennen. Das Versammlungsrecht stünde der Anwendbarkeit der Norm nicht entgegen. Das Polizeirecht diene der Bekämpfung von Gefahren, die ihre Ursache nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf hätten. Ziel der Videoaufzeichnung sei nicht die Verfolgung des Anreisegeschehens der Versammlungsteilnehmenden gewesen, sondern die Bekämpfung von Gefahren, die sich aus der räumlich beengten Bahnhofssituation ergäben. Die Versammlungsfreiheit gebiete keine besondere versammlungsrechtliche Regelung für jeden Eingriff unabhängig von seiner Art und seinem Gewicht. Eine solche sei vielmehr nur bei Eingriffen in den Kernbereich der Versammlungsfreiheit erforderlich. Die formellen und materiellen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage seien erfüllt gewesen, insb. sei die Videoüberwachung erkennbar und die 30-tägige Speicherfrist gewahrt worden. Die Videoüberwachung sei zudem ermessensfehlerfrei – insb. verhältnismäßig – gewesen. Die Kumulation der engen räumlichen Situation am S-Bahnhof Grunewald und der zu erwartenden Vielzahl von Nutzerinnen und Nutzern des Bahnhofs hätte – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Loveparade in Duisburg im Jahr 2010 – eine Gefahr im Sinne der Rechtsgrundlage begründet.

Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin vom 19. September 2022

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Carl Christian Müller, LL.M.
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