Verringerung von CO2-Emissionen: Greenpeace gegen VW

von Carl Christian Müller

Das Landgericht (LG) Braunschweig hat die Klage von Greenpeace gegen VW abgewiesen (Urteil vom 14.02.2023, Az. 6 O 3931/21). Der Automobilhersteller beachtet die Grenzen des Bundesklimaschutzgesetzes, begründete das Gericht seine Entscheidung.

Illustration CO2 Emissionen und Umweltschutz
Foto: malp/AdobeStock

VW verhält sich konform zum Klimaschutzgesetz

Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) seinen sich aus den Grundrechten ergebenen Schutzpflichten gegenüber den Bürgern genügt. Die Verpflichtungen eines privatwirtschaftlich handelnden Unternehmens reichen nicht weiter als die dem Staat aus den Grundrechten unmittelbar erwachsenen Schutzpflichten. Die Beklagte hält sich an die geltenden Vorschriften. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sind die Klägerin und die Kläger zur Duldung einer etwaigen Beeinträchtigung ihrer Rechtsgüter verpflichtet.

 

Keine Verbrennungsmotoren nach 2023

In diesem Zivilverfahren nehmen die Klägerin und die beiden Kläger die Volkswagen AG in Anspruch. Sie werden dabei vom Greenpeace Deutschland e.V. unterstützt. Sie möchten mit der Klage insbesondere erreichen, dass es der Beklagten ab dem Jahr 2030 untersagt wird, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in den Verkehr zu bringen. Weiter soll die Beklagte verpflichtet werden sicherzustellen, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 65 % gegenüber dem Jahr 2018 zu reduzieren.

 

Autohersteller sollen Klimawandel mit verursacht haben

Die Kläger argumentieren insbesondere mit dem sogenannten Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 24.3.2021, Az. 1 BvR 2656/18) und behaupten, infolge des von der Beklagten mitverursachten Klimawandels in ihrem Eigentum, ihrer Gesundheit und ihrem Recht auf Erhalt treibhausgasbezogener Freiheit verletzt zu sein. Die Beklagte bestreitet insbesondere den von der Klägerin behaupteten Kausalzusammenhang zwischen ihren CO2-Emissionen und dem Klimawandel und den behaupteten Rechtsgutsverletzungen. Eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage für das Begehren der Kläger sei nicht ersichtlich.

 

Gericht lässt offen, ob VW Störerin ist

Am 10.1.2023 hat die mündliche Verhandlung stattgefunden, in der die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert wurde. Mit dem am 14.02.2023 verkündeten Urteil hat das LG Braunschweig die Klage abgewiesen. Die Klage ist zwar in wesentlichen Teilen zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Gericht hat offengelassen, ob die Kläger bereits hinreichend konkret in ihren Rechtsgütern betroffen sind, ob die Beklagte als verantwortliche Störerin im Sinne des § 1004 BGB anzusehen ist und ob das Verhalten der Beklagten für die von den Klägern behaupteten Beeinträchtigungen ihrer Rechtsgüter kausal ist.

 

Grundrechte wirken nicht unmittelbar zwischen Privaten

Jedenfalls sind die Kläger nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung einer etwaigen Beeinträchtigung ihrer Rechtsgüter verpflichtet. Bei der Auslegung der Vorschrift des § 1004 BGB und der Bestimmung der Reichweite der Duldungspflicht sind die grundrechtlichen Positionen sowohl der Kläger als auch der Beklagten zu berücksichtigen. Grundrechte entfalten als sogenannte Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat grundsätzlich nur in diesem Verhältnis eine unmittelbare Wirkung. Im vorliegenden Fall, in dem sich die Kläger als Privatpersonen und die Beklagte als privatwirtschaftlich handelndes Unternehmen gegenüberstehen, sind die Grundrechte aber mittelbar im Sinne eines übergeordneten Wertekanons zu berücksichtigen. Die Verpflichtung der Beklagten kann dabei nicht weiterreichen als die dem Staat aus den Grundrechten unmittelbar erwachsenen Schutzpflichten.

 

Gesetzgeber genügt seinen grundrechtlichen Schutzpflichten

Nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts in dessen Beschluss vom 18.1.2022 hat der Gesetzgeber mit der Einführung des zum 31.08.2021 in Kraft getretenen Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) seinen aus den Grundrechten ergebenen Schutzpflichten gegenüber den Bürgern genügt. Die Beklagte hält sich auch an die geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Nach alledem haben die Kläger die von der Beklagten verursachten CO2-Emissionen zu dulden.

Quelle: Pressemitteilung des LG Braunschweig vom 14. Februar 2023

Sie haben Fragen zu diesem Beitrag? Sprechen Sie uns gerne hierauf an, am besten per E-Mail. Schicken Sie uns Ihre Fragen an . Wir melden uns umgehend bei Ihnen zurück.

Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht