Stipendium zur Promotion kann der Einkommenssteuer unterliegen

von Carl Christian Müller

Leistungen aus einem Promotionsstipendium können der Einkommensteuer unterliegen. Dies ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) jedenfalls dann der Fall, wenn der Stipendiat eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat und keine Steuerbefreiungsvorschrift eingreift (Urteil vom 28.09.2022, Az. X R 21/20).

Laptop vor Büchern
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Unterstützung aus öffentlichen und privaten Mitteln

Die Klägerin promovierte an einer Universität. Zwecks Förderung akademischer Nachwuchskräfte wurde die Klägerin während ihrer Promotionszeit aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) mit monatlich 800 EUR unterstützt. Nach Maßgabe der Vergabebedingungen beteiligte sich ein privatwirtschaftliches Unternehmen in gleicher Höhe an der Finanzierung des Promotionsvorhabens und zahlte der Klägerin somit ebenfalls monatlich 800 EUR. Die Klägerin war verpflichtet, ihre Arbeitskraft ausschließlich der Promotion zu widmen und hierüber Nachweise zu erbringen. Zudem unterlag sie hinsichtlich der Ergebnisse ihres Promotionsprojekts einer fünfjährigen Ausübungs- und Verwertungspflicht. Das Finanzamt (FA) besteuerte den aus Mitteln des ESF gezahlten Teil des Stipendiums nicht. Die vom Unternehmen bezogenen Zuwendungen sah das FA dagegen als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte an. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

Erkenntnisse nur im Geber-Bundesland verwerten

Der BFH hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zurück. Dem BFH genügten die vom FG bislang getroffenen Feststellungen nicht, um abschließend zu entscheiden, ob die gesamten - miteinander verknüpften - Leistungen aus dem Stipendium einem Steuertatbestand unterliegen. Die im Streitfall einzig in Betracht zu ziehenden Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setzten voraus, dass die Klägerin für die Gewährung der Leistungen aus dem Stipendium eine - wie auch immer geartete - wirtschaftliche Gegenleistung hätte erbringen müssen. Zwar stellte der BFH klar, dass die von der Klägerin für die Promotion aufgewandte Arbeitszeit keine relevante Gegenleistung gewesen sei. Weiterer Sachaufklärung durch das FG bedürfe aber, ob die im Zusammenhang mit der Förderung von Promotionen jedenfalls nicht allgemeinübliche Pflicht, die aus dem Vorhaben gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse innerhalb einer bestimmten Frist ausschließlich im Geber-Bundesland beruflich zu verwerten, als wirtschaftliche Gegenleistung oder als bloße Erwartungshaltung einzustufen sei.

 

Private Zahlungen sind keine öffentlichen Mittel

Eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 44 EStG könne – so der BFH weiter – nur hinsichtlich des aus dem ESF finanzierten Teils des Stipendiums gewährt werden. Soweit der Klägerin in gleicher Höhe von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen Zahlungen zugeflossen seien, handele es sich nicht um öffentliche Mittel im Sinne dieser Vorschrift.

Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 16. Februar 2023

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht