Neues Gesetz soll Verbandsklagen für Verbraucherrechte ermöglichen

von Carl Christian Müller

Der Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat einen Referentenentwurf für ein Verbandsklagen-Gesetz erarbeitet. Dadurch sollen Verbraucherrechte mittels Abhilfeklage direkt durchgesetzt werden können. Ab einer Anzahl von 50 Betroffenen, können Verbände diese Klage erheben.

Frau mit Einkaustüten
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Abhilfeklage: Ab 50 betroffenen Verbrauchern möglich

Mit dem Referentenentwurf des Justizministers Buschmann (FDP) zum so genannten Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG) soll eine neue Klage eingeführt werden: Die Abhilfeklage als Verbandsklage. Verbände aus den Bereichen Verbraucher-, Umwelt-, Daten-, und Gesundheitsschutz sollen diese Klage einreichen können. Voraussetzung ist, dass zumindest 50 Verbraucher betroffen sind. Eine Maximal-Beschränkung hinsichtlich der Anzahl der Verbraucher soll es nicht geben. Verbraucherschutzverbände werdem demgemäß über die Abhilfeklage die Möglichkeit bekommen, zu klagen, auch wenn sie nicht in einem eigenen Recht verletzt und deshalb nicht klagebefugt sind. Berechtigt zur Erhebung der Abhilfeklage werden Verbände wie die Verbraucherzentralen sein. Diese können wiederum für das Gerichtsverfahren einen Anwalt mandatieren. Anwälte und Kanzleien selbst werden gemäß dem aktuellen Referentenentwurf aber keine Ansprüche von Verbrauchern sammeln dürfen, um eine Abhilfeklage einzureichen.

 

Klagebefugnis und Verbandsklage

Wer kann vor deutschen Gerichten Klage erheben?

Maßgeblich für die Frage, wer überhaupt Klage erheben kann, ist die Klagebefugnis. Grundsätzlich muss der Kläger selbst, das heißt persönlich in seinen Rechten betroffen sein, um befugt zu sein, Klage zu erheben. Dies dient dem Zweck Popularklagen zu verhindern und einer Überlastung der Gerichte entgegenzuwirken.

Popularklagen vermeiden! Oder doch nicht?

Verbandsklagen sind Popularklagen. Verbände und Vereine machen im Wege einer solchen Klage fremde Rechte geltend, sind also dem Grunde nach nicht klagebefugt. Gleichwohl werden sie in bestimmen Fällen durch das Gesetz zugelassen. Dies ist insbesondere in Verbraucherschutzbelangen der Fall. Für den einzelnen Verbraucher kann es eine Herausforderung sein, sich gegenüber einem großen internationalen Konzern gerichtlich zur Wehr zu setzen. Verbände, wie die Verbraucherschutzzentralen, haben in dieser Hinsicht ganz andere Mittel und Kapazitäten zur Verfügung.

 

Ansprüche müssen vergleichbar sein

Wie die Verbandsklage, ist auch die Musterfeststellungsklage eine Popularklage, die durch anerkannte Verbände erhoben werden kann. Ist eine Musterfeststellungsklage erfolgreich, mussten Verbraucher bislang ausgehend von diesem Urteil ihren Anspruch selbst gerichtlich geltend machen. Mit der Verbandsklage soll dies anders werden: Als Abhilfeklage sollen Verbraucherschützer die Ansprüche der Verbraucher direkt durchsetzen können. Dazu muss der Anspruch aber vergleichbar sein, zum Beispiel bei Klagen auf die Zahlung von Schadensersatz, die Rückabwicklung von Verträgen, die Minderung von Preisen sowie die Nacherfüllung. Wie es in dem Referentenentwurf heißt, soll das Gericht "schablonenartig" über den Anspruch entscheiden können. Das könnte etwa der Fall sein, wenn alle Produkte einer Scharge an dem gleichen Mangel leiden oder bei der Entschädigung für die Verspätung eines Fluges gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung. Betroffene müssen sich dafür online in ein Register beim Bundesamt für Justiz eintragen lassen. Deadline dafür ist der erste Verhandlungstag der Verbandsklage. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens soll die Verbandsklage für Verbraucher kostenfrei sein.

 

OLG ist zuständig für Abhilfeklagen

Wie schon für die Musterfeststellungsklage sollen auch für die Verbandsklage die Oberlandesgerichte (OLG) zuständig sein. Damit sind unabhängig von dem Streitwert alle Verfahren am OLG zu führen. Grundsätzlich richtet sich die Zuständigkeit der Zivilgerichte nach der Höhe des Streitwertes. Liegt dieser unter 5.000 EUR ist das Amtsgericht (AG) zuständig, liegt der Wert über 5.000 EUR ist das Landgericht (LG) zuständig. Dass sich sogar eine Instanz über dem LG erstinstanzlich das OLG mit den Verbandsklagen auseinander setzen wird, soll die Wichtigkeit dieser Klage untermauern. Neben dem Verbraucherschutz ist sicherlich aber auch die Entlastung der Gerichte ein Nebeneffekt der Abhilfeklage. Statt zahlreicher Einzelklagen vor den Amts- und Landesgerichten, kann das OLG einheitlich entscheiden.

 

Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie

Mit dem Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG) wird die EU-Verbandsklagenrichtlinie umgesetzt, die bereits 2020 durch das Europäische Parlament verabschiedet worden ist. Die Umsetzungsfrist dafür endet am 25.12.2022. Richtlinien der EU gehören zum so genannten sekundären EU-Recht. Erlässt das Europäische Parlament eine Richtlinie, entfaltet dies keine unmittelbare Rechtswirkung in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). Die Mitgliedstaaten sind aber verpflichtet die Zielvorgabe der erlassenen Richtlinie zu erreichen. Dabei haben die Gesetzgebungsorgane der Mitgliedstaaten je nach Richtlinie mehr oder weniger Spielraum bezüglich der Art und Weise, wie sie die Richtlinie als Gesetz erlassen wollen. Dabei ist einerseits, das Interesse an einer einheitlichen Durchsetzung von EU-Recht mit den nationalen Interessen der Mitgliedstaaten an einer Rücksichtnahme auf regionale Bedürfnisse in Ausgleich zu bringen.

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht