Kein Widerrufsrecht für online erworbene Tickets

von Carl Christian Müller

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 13.07.2022 entschieden, dass Verbraucher kein Widerrufsrecht für online gekaufte Tickets haben (Az. VIII 317/21). Nach Auffassung des obersten Bundesgerichtes greift eine Ausnahme für "Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Freizeitbetätigung". Die Musical-Aufführung war aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt worden.

Zuschauer auf einem Konzert
Foto: pongsakorn_jun26/AdobeStock

Verbraucher haben bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht

Verbraucher haben bei bestimmten Vertragsarten ein Widerrufsrecht, wenn sie Waren oder Dienstleistungen von einem Unternehmer erwerben. Zu diesen Vertragsarten zählen etwa Vertragsabschlüsse außerhalb von Geschäftsräumen, der Fernabsatzvertrag, das Verbraucherdarlehen und der Verbraucherbauvertrag. Alle diese Vertragsarten haben gemein, dass es sich der Verbraucher innerhalb von 14 Tagen Widerrufsfrist überlegen kann, ob er diesen Vertrag bestehen lassen möchte oder den Vertrag widerruft. Fernabsatzverträge sind gemäß § 312c Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) solche Verträge, die ausschließlich über Fernkommunikationsmittel zustande gekommen sind. Das bedeutet zwischen den Vertragsparteien fand keinerlei mündliche oder schriftliche Kommunikation statt. Sämtliche Online-Bestellungen sind demgemäß solche Fernabsatzverträge.

 

Kein Widerruf bei Online-Tickets

Bei der Bestellung eines Tickets für ein Konzert, ein Musical oder eine andere Show über Anbieter wie eventim, ticketonline oder Reservix liegt ebenfalls ein Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312c Absatz 1 BGB vor. Verbraucher können demnach grundsätzlich ab Vertragsschluss für zwei Wochen diesen Vertrag widerrufen können. Der Bundesgerichtshof hat dies in seinem Urteil nunmehr verneint. Das Widerrufsrecht gelte nicht ausnahmslos für jeden Fernabsatzvertrag. Vielmehr definiert § 312g Absatz 2 BGB zahlreiche Ausnahmen, führte der Bundesgerichtshof aus. Der Online-Ticketkauf soll unter die Ausnahme aus § 312g Absatz 2 Nr. 9 BGB fallen, da es ein Vertrag über eine "Dienstleistung im Zusammenhang mit einer Freizeitbetätigung" sei, entschied der BGH. Ferner führte das oberste Bundesgericht aus, sei unschädlich, dass der Ticketanbieter nicht darüber informiert habe, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht. Zwar ist der Ticketanbieter zur Information verpflichtet, ein Verstoß könnte aber lediglich einen Schadensersatzanspruch und kein Widerrufsrecht begründen, erklärte der BGH.

 

Gutschein statt Erstattung ist ordnungsgemäß

Das streitgegenständliche Ticket war für den Besuch eines Musicals bestimmt. Dieses Musical fiel aufgrund der Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie aus. Der Ticketanbieter erstattete den Kaufpreis nicht, sondern stellte einen Gutschein über den Ticketpreis aus. Wie der Bundesgerichtshof erklärte ist diese Vorgehensweise nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat für die sog. Gutscheinlösung eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen (Art. 240 § 5 EGBGB) und verfolgte damit den Zweck die Insolvenz zahlreicher Veranstalter und Ticketvermittler aufgrund der Covid-19-Beschränkungen zu verhindern.

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht