Fahrlässige Überweisung an Betrüger: Bank muss den Betrag nicht erstatten

von Carl Christian Müller

Muss eine Bank einer Kundin den Betrag ersetzen, den diese auf eine fingierte Aufforderung im Online-Banking an einen unbekannten Betrüger überwiesen hat (sog. "Pharming")? Dies hat das Landgericht (LG) Koblenz mit Entscheidung vom 01.06.2022 verneint (Az. 3 O 378/21).

Frau im Cafe zahlt per Online Banking
Foto: Natee Meepian/Adobe Stock

„Demoüberweisung“ an Herrn Mustermann von 10.000 EUR

Die Klägerin nutzte als Kundin der beklagten Bank deren Online-Banking. Dabei muss jede Überweisung durch eine Sicherheitsnummer bestätigt werden, die von einem TAN-Generator erzeugt wird. Dieses Gerät zeigt auch die Nummer des Zielkontos und den zu überweisenden Betrag an. Am 23.11.2020 loggte sich die Klägerin beim Online-Banking ein. Ein Schadprogramm auf ihrem Computer öffnete daraufhin ein Fenster mit der Aufforderung, eine „Demoüberweisung“ in Höhe von mehreren 10.000 € an einen Herrn Mustermann vorzunehmen. Die irritierte Klägerin startete die Anmeldung erneut, wieder öffnete sich das Fenster. Die Klägerin kam nun der Aufforderung nach und gab dazu die von ihrem TAN-Generator erzeugte Sicherheitsnummer ein. Das Schadprogramm nutzte diese Nummer für eine reale Überweisung in Höhe von 9.847,78 € von dem Konto der Klägerin. Anschließend wurde die Klägerin auf das echte Online-Banking der Beklagten umgeleitet, wo sie wie gewohnt ihre Bankgeschäfte abwickelte.

 

Klägerin meint Betrugsmasche war nicht zu erkennen

Die Klägerin vertrat im Prozess die Meinung, der überwiesene Betrag sei ihr von der Bank zu erstatten. Sie habe nicht erkennen können, dass es sich um eine Betrugsmasche – sogenanntes „Pharming“ – handelte. Ihren Computer habe sie mit einem Virenprogramm geschützt. Die Beklagte verweigerte die Zahlung mit dem Argument, das Verhalten der Klägerin sei grob fahrlässig gewesen, so dass sie ihren Schaden selbst zu tragen habe.

 

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

LG Koblenz: Verhalten war grob fahrlässig

Das LG Koblenz hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe nämlich „in grob fahrlässiger Weise ihre Sorgfaltspflichten verletzt“, als sie die „Demoüberweisung“ mit einer echten Transaktionsnummer durchgeführt habe. Sie habe ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen. Von einem durchschnittlichen Computer-Nutzer könne erwartet werden, dass er die Nutzung des Online-Bankings einstellt, wenn die Umstände sehr zweifelhaft sind und auf ein fragwürdiges Geschehen hindeuten.

 

Überweisung kam Klägerin „gefühlsmäßig komisch vor“

Das – so führte das Gericht weiter aus – sei hier der Fall gewesen. Es sei nämlich sehr ungewöhnlich, dass eine echte TAN einzugeben sei, obwohl keine reale Überweisung ausgeführt werden solle. Dies habe die Klägerin misstrauisch machen müssen. Auch die in der „Demoüberweisung“ genannte hohe Summe habe Anlass zu besonderer Vorsicht geben müssen. Die Klägerin habe ja selbst zugegeben, die Aufforderung zur Demoüberweisung sei ihr „gefühlsmäßig komisch vorgekommen“, weshalb sie zunächst von vorn begonnen habe. Sie habe auch sehen können, dass auf dem TAN-Generator die reale Ziel-Kontonummer und der tatsächliche Überweisungsbetrag angezeigt wurden. Dennoch habe die Klägerin die Transaktionsnummer für die „Demoüberweisung“ eingegeben. Dies hielt das Gericht für einen derart groben Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten eines Bankkunden, dass die Klägerin den Schaden selbst zu tragen habe.

Quelle: Pressemitteilung des LG Koblenz vom 01.06.2022

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