Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen ist strafbar

von Carl Christian Müller

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 10.11.2022 einen Freispruch des Landgerichts Hamburg im Zusammenhang mit der Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen (Az. 5 StR 283/22). Während die Berufungsinstanz hatte entschieden, dass die Fälschung von Impfausweisen nicht als Urkundenfälschung strafbar ist.

Corona Impfung
Foto: Benjamin Nolte/AdobeStock

Angeklagter handelte mit gefälschten Impfpässen

Das Landgericht Hamburg hatte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer – inzwischen rechtskräftigen – Freiheitsstrafe verurteilt, ihn vom Vorwurf der mehrfachen Urkundenfälschung indes freigesprochen (Urteil vom 01.03.2022, Az. 634 KLs 8/21). Die gegen den Freispruch gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Nach den Feststellungen stellte der Angeklagte insgesamt 19 unrichtige Impfbescheinigungen aus. Gegen ein Entgelt trug er angeblich erfolgte Erst- und Zweitimpfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus nebst Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in von ihm erstellte oder bereits ausgestellte Impfpässe ein. Die Eintragungen versah er mit dem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums sowie der nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines angeblichen Impfarztes. Angesichts der damaligen Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte aufgrund der CoViD-19-Pandemie war dem Angeklagten bewusst, dass seine Abnehmer die Bescheinigungen gegenüber Dritten, etwa Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in der Gastronomie zum Nachweis über angebliche Schutzimpfungen ihrer Person, vorlegen würden.

 

Corona-Impfpässe ermöglichten Zugang zur Gastronomie

Das Landgericht Hamburg hat sich insoweit aus Rechtsgründen an einer Verurteilung des Angeklagten gehindert gesehen und ihn daher freigesprochen. Eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung (a. F.) sei nicht in Betracht gekommen, da die damalige Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetzte, was vorliegend bei Gebrauch in der Gastronomie oder in Apotheken nicht gegeben sei. Insoweit hat der Bundesgerichtshof keinen Rechtsfehler festgestellt.

 

LG Hamburg hielt Urkundenstrafrecht für unanwendbar

Einer Verurteilung wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB habe nach Ansicht des Landgerichts Hamburg entgegengestanden, dass § 277 StGB a.F. eine abschließende Sonderregelung gewesen sei, die einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht verboten habe. Dies hat der Bundesgerichtshof als rechtsfehlerhaft beanstandet und deshalb den Freispruch aufgehoben.

 

BGH: Täter kann wegen Urkundenfälschung strafbar sein

Entgegen der Auffassung von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung, denen das Landgericht Hamburg gefolgt ist, handelt es sich bei § 277 StGB a.F. nicht um eine spezielle Vorschrift, die den Täter der Fälschung von Gesundheitszeugnissen im Verhältnis zu dem einer Urkundenfälschung privilegieren soll. Weder dem Zweck noch dem systematischen Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen oder dem Willen des Gesetzgebers lassen sich Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung entnehmen. Erst recht entfaltet § 277 StGB a.F. keine "Sperrwirkung" gegenüber der Urkundenfälschung (§ 267 StGB), wenn der Tatbestand der Fälschung von Gesundheitszeugnissen – so wie hier - nicht (vollständig) erfüllt ist.

Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 10. November 2022

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht