Verein soll Identitäre Bewegung unterstützt haben
Das Oberlandesgerichts (OLG) Dresden hat im Streit entschieden, dass die Löschung eines Accounts in sozialen Netzwerken unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein kann. Der zuständige 4. Zivilsenat hat auch in der Berufungsinstanz den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten eines klagenden Vereins abgelehnt und damit das vorhergehende Urteil des Landgerichts Görlitz bestätigt. Der klagende Verein war in den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram dauerhaft gesperrt worden. Im gerichtlichen Verfahren hatte sich Facebook darauf gestützt, dass der klagende Verein als "Hassorganisation" im Sinne der Gemeinschaftsstandards anzusehen sei, zumindest aber eine andere "Hassorganisation", nämlich die sogenannte Identitäre Bewegung, unterstützt habe.
Facebook muss nicht jeder Person einen Account gewähren - trotz Monopolstellung
In dem nunmehr ergangenen Urteil hat das OLG Dresden ausgeführt, dass es sozialen Netzwerken grundsätzlich freistehe, in ihren Nutzungsbedingungen den Ausschluss von "Hassorganisationen" sowie von deren Unterstützern vorzusehen. Einem Kontrahierungszwang unterlägen soziale Netzwerke auch dann nicht, wenn sie eine an ein Monopol grenzende Marktmacht in ihrem Bereich hätten. Zwar müsse sich eine solche Regelung an den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Zulässigkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) messen lassen; diese Vorgaben seien hier aber erfüllt. Insbesondere sei die entsprechende Regelung in den Gemeinschaftsstandards hinreichend bestimmt, weil sich für den Nutzer klar ergebe, was unter einer "Hassorganisation" zu verstehen sei.
Was eine "Hassorganisationen" ist, definiert Facebook in den Gemeinschaftsstandards
Facebook untersagt in ihren Gemeinschaftsstandards "Hassorganisationen", deren Anführern sowie Mitgliedern die Nutzung ihrer Plattform. Dabei definiert das Soziale Netzwerk eine "Hassorganisation" in ihren Gemeinschaftsstandards als Zusammenschluss aus drei oder mehr Personen unter einem Namen, Zeichen oder Symbol, dessen Ideologie, Aussagen oder Aktivitäten Personen aufgrund bestimmter Eigenschaften angreifen. Zu diesen Eigenschaften zählen unter anderem die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit, Nationalität, ethnische Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, schwere Erkrankung oder Behinderung.
Bloße Unterstützung einer "Hassorganisation" darf für Kontosperre nicht ausreichen
Allerdings dürfe eine Kontosperrung nicht willkürlich erfolgen und müsse die Meinungs- und Kommunikationsgrundrechte der Nutzer und die wirtschaftlichen Auswirkungen eines dauerhaften Ausschlusses berücksichtigen, erklärte das OLG Dresden. Eine Sperre, die an die bloße Unterstützung einer "Hassorganisation" anknüpfe, sei daher grundsätzlich nur nach vorheriger Abmahnung zulässig. Hier habe Facebook aber glaubhaft gemacht, dass der Verein selbst die Voraussetzungen für eine Einstufung als "Hassorganisation" erfülle. Da die Sperrung seiner Accounts nicht lediglich an punktuelle Einzeläußerungen anknüpfe, die sich der Verein nicht zurechnen lassen müsse, sei der Schluss gerechtfertigt, dass seine ideologische Ausrichtung darauf abziele, Personen aufgrund ihrer ethnischen Abstammung oder religiösen Überzeugung anzugreifen. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Dresden vom 16. Juni 2020