Anspruch auf Impfung durch Verfügbarkeit von Impfstoff begrenzt
Das Infektionsschutzgesetz ermächtigt das Bundesministerium für Gesundheit dazu, in Fällen von Pandemien mit nationaler Tragweite Rechtsverordnungen zur Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Impfstoffen zu erlassen. Dies kann das Ministerium ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmten. Eine solche Krisensituation hat der Bundestag festgestellt. Gemäß dieser Ermächtigung hat das Bundesgesundheitsministerium die Corona-Impfverodnung (Corona-ImpfVO) beschlossen. Ein Anspruch auf Impfung ergibt sich dabei aus § 1 Abs 1 Corona-ImpfVO und zwar für Personen, die
- in Deutschland kranken versichert sind oder
- ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben oder
- in Deutschland in einer medizinischen oder anderweitigen Pflegeeinrichtung beschäftigt sind.
Die Erfüllung dieses Anspruchs bzw. dieses Rechts auf Impfung ist jedoch durch die Verfügbarkeit des Impfstoffes begrenzt.
Impfung erfolgt nach Risikogruppen
Aufgrund der aktuellen Begrenztheit der Corona-Impfstoffe sind in den §§ 2 ff. Corona-ImpfVO Gruppen normiert, die eine höhere Priorisierung bei der Zuteilung der Impftermine genießen. Entwickelt wurden diese Gruppen aus Vorschlägen des Robert-Koch-Instituts (RKI), des Deutschen Ethikrates sowie der Nationalen Akademie der Leopoldina. Zu der ersten Gruppe mit höchster Priorisierung-Stufe zählten unter anderem folgende:
- Menschen, die das 80. Lebensjahr überschritten haben
- Personen, die pflegebedürftig sind und stationär betreut werden
- Menschen, die von ambulanten Pflegediensten versorgt werden
- Personen, die in medizinischen Einrichtungen tätig sind und im Rahmen ihrer Tätigkeit mit einem erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Corona-Virus konfrontiert werden.
Zur zweiten Gruppen gehören wiederum Personen, die bereits das 70. Lebensjahr vollendet haben oder die aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung einem höheren Risiko ausgesetzt sind, einen tödlichen oder schweren Krankheitsverlauf bei einer Corona-Infektion zu erleiden.
Eilanträge vor den Gerichten scheitern - Priorisierung gerechtfertigt
Nach Erlass der Corona-Impfverordnung hatten eine Vielzahl der deutschen Verwaltungsgerichte über Eilanträgen zu entscheiden, in denen der Antragsteller eine unverzügliche Corona-Schutzimpfung oder zumindest eine höhere Priorisierung erreichen wollte. So hatte das Verwaltungsgericht Osnabrück über einen Antrag zweier schwer erkrankter über Siebzigjähriger (Beschluss vom 04.03.2021, Az. 3 B 4/21) auf unverzügliche Impfung zu urteilen. Am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beantragte ebenfalls ein über Siebzigjähriger mit Krebserkrankung eine sofortige Corona-Schutzimpfung durch das Gericht zu veranlassen (Beschluss vom 10.02.2021, Az. 20 CE 21.321). Ebenso vor dem Verwaltungsgericht Berlin hatte eine Person, die an Krebs erkrankt ist, einen Eilantrag auf vorgezogene Schutzimpfung gestellt (Beschluss vom 29.01.2021, Az. VG 14 13/21). Alle Antragsteller machten geltend aufgrund ihrer Erkrankung bzw. aufgrund ihrer Erkrankung in Kombination mit ihrem fortgeschrittenen Alter einem besonderen Risiko ausgesetzt zu sein, sollten sie an dem Corona-Virus erkranken. Sie sahen zudem in der grundsätzlichen Priorisierung einen Verstoß gegen den grundrechtlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatz. Ferner sei das Gesundheitsministerium gar nicht berechtigt eine solche gravierende Regelung zu treffen, vielmehr habe der Bundestag eine solche Regelung verabschieden müssen.
Diese und ähnliche Verfahren sind insgesamt mehrheitlich vor den Verwaltungsgerichten gescheitert. Die Gerichte lehnten die Eilanträge ab und sahen die Priorisierung unter anderem aufgrund der begrenzt vorhandenen Impfdosen als gerechtfertigt an.
Erfolg vor dem VG Frankfurt - Behörde hat Ermessensspielraum?
Lediglich vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat ein zu 100% Schwerstbehinderter mit seinem Antrag auf vorzeitige Berücksichtigung Erfolg (Beschluss vom 29.01.2021, Az. 5 L 182/21). Mit seinem Beschluss verpflichtet das VG Frankfurt die Stadt Frankfurt dazu, den Antragsteller bei der nächsten Lieferung von Corona-Impfstoff vorrangig zu behandeln und einen entsprechenden Impftermin zu unterbreiten. Wie das Gericht erläuterte sei eine Impfung des pflegenden Personals für den Antragsteller, der ab den Halswirbeln gelähmt und aufgrund dieser Lähmung auch in Bezug auf die Funktionsfähigkeit seiner Lungen eingeschränkt ist, nicht ausreichend. Vielmehr hätten die zuständigen Behörden ein Ermessensspielraum den Antragsteller höher zu priorisieren, erklärte das VG Frankfurt am Main.