Äußerung erfolgte vor Anstellung
Das Arbeitsgericht Berlin hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und den Sender zur Weiterbeschäftigung der Redakteurin verurteilt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, antisemitische Äußerungen könnten ein Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. Auch wenn es nicht um Äußerungen im Rahmen der Arbeit für den Sender gehe, könne hierin eine Verletzung von Loyalitätspflichten liegen. Soweit es allerdings um Äußerungen gehe, die zu einer Zeit vor Bestehen eines Vertragsverhältnisses zum Sender erfolgt seien, fehle es mangels bestehenden Vertrages zu dieser Zeit an einer für eine verhaltensbedingte Kündigung erforderlichen Vertragspflichtverletzung. Eine personenbedingte Kündigung hatte die Beklagte nach Ansicht des Arbeitsgerichts nicht ausgesprochen und dazu auch nicht ihren Personalrat beteiligt. Auch bei Äußerungen während einer vorherigen Beschäftigung auf Honorarbasis könne nicht ohne weiteres ein „Durchschlagen“ als Pflichtverletzung auf ein späteres Arbeitsverhältnis angenommen werden.
Außerordentliche Kündigung ist unverhältnismäßig
Zudem müsse jeweils eine Bewertung der Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Zusammenhangs von Äußerungen erfolgen. Unter Berücksichtigung u.a. der Tatsache, dass die Redakteurin sich in einer für die Öffentlichkeit bestimmten Erklärung von früheren Äußerungen distanziert habe und keine Abmahnung vorliege, sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der beiderseitigen Interessen zumutbar. Im Hinblick hierauf könne keine negative Prognose betreffend ein künftig zu erwartendes Fehlverhaltens gestellt werden. Unabhängig hiervon sei für die außerordentliche Kündigung die Frist von zwei Wochen ab Kenntnis der maßgeblichen Umstände nicht eingehalten. Betreffend die gegenüber der klagenden Redakteurin erhobenen Vorwürfe erschließe sich die Erforderlichkeit der vorherigen zweimonatigen Untersuchung nicht.
Quelle: Pressemitteilung des ArbG Berlin vom 3. November 2022