Serie zum einstweiligen Verfügungsverfahren – Folge 6: Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung

Mit der einstweiligen Verfügung wird dem Schuldner (Empfänger der einstweiligen Verfügung) in der Regel aufgegeben, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Die einstweilige Verfügung wird jedoch nur dem Antragsteller übersendet. Die einstweilige Verfügung muss daher vollzogen werden, um den Schuldner in Kenntnis zu setzen und die Wirkungen (Ordnungsgelder oder Ordnungshaft bei Verstoß gegen den Verbotstenor) der einstweiligen Verfügung herzustellen. Durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung macht der Gläubiger also deutlich, dass die einstweilige Verfügung vom Schuldner beachtet werden muss. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung erfolgt in der Regel durch die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Schuldner oder dessen Rechtsanwalt. Die Zustellung muss allerdings innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 1 ZPO erfolgen. Im Falle der Beschlussverfügung beginnt die Frist mit Zustellung der Entscheidung an den Antragsteller (Gläubiger), im Falle der Urteilsverfügung mit Verkündung des Urteils zu laufen.

Einstweilige Verfügung
Einstweilige Verfügung

Vollziehung der einstweiligen Verfügung

Achtung! Erfolgt die Vollziehung nicht innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist, kann der Antragsgegner die Aufhebung der einstweiligen Verfügung nach § 927 ZPO verlangen. Die Kosten des Verfahrens sind in diesem Fall vom Antragsteller zu tragen!

Entbehrlich ist eine Vollziehung nur dann, wenn die Verfügung nach Widerspruch voll inhaltlich bestätigt wird oder die Berufung des Antragsgegners (Empfänger der einstweiligen Verfügung) ohne Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zurückgewiesen wird. Im Übrigen ist jede Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren zu vollziehen. Eine Mehrfach- oder Sicherheitsvollziehung ist unschädlich.

Zustellung im Parteibetrieb

Die Vollziehung erfolgt durch die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Antragsgegner (Empfänger der einstweiligen Verfügung). Die einstweilige Verfügung wird nicht durch das Gericht, sondern im Parteibetrieb zugestellt. Sofern beide Parteien anwaltlich vertreten sind, kann dies durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt geschehen. Im Übrigen erfolgt die Zustellung der einstweiligen Verfügung durch den Gerichtsvollzieher.

Achtung! Hat sich im Verfügungsverfahren ein Anwalt bestellt, muss die Zustellung an diesen erfolgen, § 172 ZPO. Anderenfalls ist nicht wirksam zugestellt. Als bestellt gilt der Anwalt jedenfalls dann, wenn er eine Schutzschrift hinterlegt hat oder aber in der vorgerichtlichen Korrespondenz durch (auch formlose) Mitteilung der Prozessvollmacht. Aber auch wenn die vorgerichtlichen Anwaltsschreiben des Antragsgegners keinen Hinweis auf die Prozessbevollmächtigung enthalten, soll die Mitteilung über die „Bestellung“ in der Antragsschrift und die anschließende Aufnahme des Anwalts in das Passivrubrum der Beschlussverfügung ausreichen. In diesem Fall muss die einstweilige Verfügung zur Wahrung der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners zugestellt werden. Der Antragsteller muss sich in diesem Fall an der selbst mitgeteilten Prozessvollmacht im Rahmen der Antragsschrift festhalten lassen (BGH, Urt. v. 06.04.2011 - VIII ZR 22/10; OLG Hamm, Urt. v. 12.01.2010 - 4 U 193/09). Das Risiko, dass der vom Kläger als Prozessbevollmächtigter des Beklagten bezeichnete Anwalt keine Prozessvollmacht besitzt und die an diesen bewirkte Zustellung deshalb unwirksam ist, trägt der Kläger.

Bestehen Zweifel, ob der gegnerische Anwalt wirksam bestellt ist, sollte in diesem Fall sowohl an den Anwalt als auch an den Gegner direkt zugestellt werden (Sicherheitszustellung).

Zustellfehler als Chance für kostenpflichtige Aufhebung

Zuzustellen ist eine Ausfertigung der einstweiligen Verfügung im Original oder eine beglaubigte Abschrift der Ausfertigung. Jedenfalls muss das zuzustellende Exemplar ein Ausfertigungsvermerk beinhalten. Wird nur eine einfache Abschrift oder beglaubigte Abschrift ohne Ausfertigungsvermerk zugestellt, liegt eine fehlerhafte Zustellung vor. Zwar kommt bei Fehlern im Rahmen der Zustellung grundsätzlich eine Heilung nach § 189 ZPO durch wiederholte Zustellung in Betracht. Allerdings ist Voraussetzung der Heilung von Zustellungsmängeln, dass die Zustellung innerhalb der für die Zustellung geltenden Frist nach § 929 Abs. 2 ZPO formgerecht wiederholt wird. Da der Zustellungsempfänger jedoch innerhalb dieser Frist nicht auf Fehler im Zustellungsverfahren hinweisen wird, erfährt der Zustellende häufig erst nach Ablauf der Vollziehungsfrist von Zustellungsfehlern, so dass eine Heilung nicht mehr in Betracht kommt.

Soll eine beglaubigte Abschrift zugestellt werden, so geschieht dies durch deren Übergabe an den Zustellungsempfänger, nachdem diesem die Ausfertigung vorgezeigt worden ist. Die Antragsschrift und deren Anlagen müssen, sofern das Gericht es nicht ausdrücklich anordnet, grundsätzlich nicht mit zugestellt werden. Sofern aber die gerichtliche Entscheidung auf die Antragsschrift oder deren Anlagen Bezug nimmt und sie zum Gegenstand der Entscheidung selbst macht, ist eine Zustellung dieser Urkunden geboten (OLG Düsseldorf: Urteil vom 27.03.2007 - I-20 U 168/06, 20 U 168/06). Verbotsanlagen sind farbrichtig mit zuzustellen.

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