Anwaltskosten verjähren in 3 Jahren - Schadensersatz verjährt erst nach 10 Jahren
Die Kosten aus einer Abmahnung wegen Filesharings bestehen aus 2 Positionen zusammen:
- Die Anwaltskosten, die die Abmahn-Kanzlei für die Abmahnung fordert (seit dem 09.10.2013 durch Gesetz gedeckelt auf 124,00 EUR).
- Die Schadensersatzkosten, die der Rechteinhaber dafür fordert, dass seine Werke über eine Tauschbörse im Netz jedermann zum Download angeboten wurden (Lizenzschaden).
Der BGH hat heute entschieden, dass die beiden Zahlungsansprüche unterschiedlichen Verjährungsfristen unterliegen. Während die Anwaltskosten, die nicht mehr mehr als 124,00 EUR betragen dürfen, der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen, verjähren die Schadensersatzansprüche erst in 10 Jahren.
BGH: Filesharer bereichern sich
Der BGH begründet sein Urteil damit, dass der Lizenzschadensersatz nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln sei. Der Filesharer sei nämlich dadurch, dass er urheberrechtlich geschützte Dateien in eine Tauschbörse einstelle, bereichert. Er habe das Recht erlangt, die Datei in einer Tauschbörse Dritten zum Download anzubieten. Wörtlich führt der BGH aus:
„Der auf die Verletzung des ausschließlichen Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen einer Datei mit dem Musiktitel gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG gestützte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG ist nicht verjährt, weil er im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB auf die Herausgabe einer durch die Verletzung dieses Rechts erlangten ungerechtfertigten Bereicherung gerichtet ist."
Ansprüche aus § 852 BGB verjähren erst nach 10 Jahren. Ok, muss man nicht verstehen, muss man aber mit leben. Andere Gerichte, wie beispielsweise das Amtsgericht Potsdam (diese Entscheidung hatten wir selbst erstritten) oder das Amtsgericht Frankfurt am Main hatten diese Frage mit guten Begründungen anders entschieden, werden sich aber nun nach der Rechtsprechung des BGH richten.
10 Jahre lang Post von Waldorf Frommer & Daniel Sebastian
In großen Filesharer-Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer, Daniel Sebastian oder Nimrod Rechtsanwälte haben sich in den letzten letzten 10 Jahren vermutlich tausende Fälle angehäuft, in denen die abgemahnten Anschlussinhaber nicht gezahlt haben und vermutlich die Sache auch längst abgehakt haben. All diejenigen müssen nun damit rechnen, wieder Post von Waldorf Frommer & Co. zu bekommen. Besonders bitter dabei ist, dass es bisher keine ausgewogene Rechtsprechung zum Lizenzschaden bei Filesharing gibt. Die mit den Abmahnungen geltend gemachten Schadensersatzansprüche werden den Abmahnern meist unreflektiert und ohne nachvollziehbarer Begründung zu gesprochen.
Update vom 19.06.2019: Bei uns gehen vermehrt Klagen von Waldorf Frommer ein. Hierzu haben wir eine eigen Themenseite eingerichtet, die hier abgerufen werden kann.
Anwaltskosten sinken - Schadensersatzansprüche steigen
Hinzu kommt, dass die Abmahner, nachdem der Gesetzgeber die Anwaltsgebühren auf 124 EUR gedeckelt hatte (s. o.), kurzerhand hingegangen sind und dies mit höheren Forderungen zum Lizenzschaden kompensiert haben. Auch dieses Phänomen hat in der Rechtsprechung bisher keinen Widerhall gefunden.
Nicht verzagen - Anwalt fragen
Trotzdem sollten Sie nun nicht gleich die Flinte ins Korn werfen. Es Gebiet eine Vielzahl von Fallgestaltungen, in denen der abgemahnte Anschlussinhaber nicht haftet und somit keinen Schadensersatz schuldet. Zudem kann außergerichtlich in der Regel auch eine nicht unerhebliche Reduzierung der Beträge erreicht werden.