Markenparfums: Streichpreise führen Verbraucher in die Irre

von Carl Christian Müller

Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 10.10.2022 die Werbung einer Vergleichs- und Verkaufsplattform mit Streichpreisen und Rabattkästchen für Markenparfums als irreführend für Verbraucher eingestuft (Az. 42 O 9140/22).

Frau verwendet Parfum
Foto: Africa Studio/Adobe Stock

Verkaufsplattform nutzt Streichpreise und Rabatt-Kästchen

Der Plattform wurde die entsprechende Bewerbung der Produkte im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt. Die Verfügungsbeklagte betreibt eine Vergleichs- und Verkaufsplattform. Über die Plattform können Verbraucher zu den Angeboten von Drittanbietern gelangen; die Verfügungsbeklagte vertreibt über ihre Internetseite aber auch selbst Markenparfums im Wege des Direktverkaufs. In einer Galerieansicht werden die verschiedenen Parfums, die sowohl von Drittanbietern als auch der Verfügungsbeklagten selbst zum Kauf angeboten werden, in einer Übersicht dargestellt. Klickt der Seitenbesucher auf ein konkretes Produkt, gelangt er auf die jeweilige Produktdetailseite. Soweit man ein Produkt direkt bei der Verfügungsbeklagten kaufen möchte, wird man zu einer Bestellübersicht geleitet. Die Plattform bewirbt sämtliche Markenparfums in ihrer Galerieansicht und ihren Produktdetailseiten mit Preisersparnissen, indem sie

  1. bei einem Angebot den Gesamtpreis einem höheren durchgestrichenen Preis gegenüberstellt (Streichpreis) und/oder
  2. eine prozentuale Preisersparnis mit einem rot hervorgehobenen Rabatt-Kästchen ausweist (Rabatt-Kästchen).

Bei der Bestellübersicht im Rahmen des Direktverkaufs zeigt die Plattform ebenfalls Streichpreise an. Die dargestellte Ersparnis sowohl bei den Streichpreisen als auch bei den Rabattkästchen berechnet sich aus dem Unterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten gelisteten Angebot auf der Plattform, unabhängig davon, von welchem Händler die Ware angeboten wird.

 

Preisangaben können Verbraucher täuschen

Das LG München I ordnet die konkrete Darstellung der Streichpreise und Rabattkästchen durch die Verfügungsbeklagte als Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein. Soweit die Verfügungsbeklagte die Streichpreise und Rabattkästchen in ihren Galerieansichten und auf ihren Produktdetailseiten verwendet, sei die Darstellung irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG, da sie zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils enthalte.

 

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

 

 

Eindruck eines besonders günstigen Angebots

Werden Preise für ein Angebot durchgestrichenen Preisen gegenübergestellt oder mit einem prozentualen Abzug beworben, müsse sich aus der Werbung die Bezugsgröße eindeutig ergeben. Die Werbung mit einer Preisherabsetzung beinhalte ein hohes Irreführungspotential, da der Eindruck vermittelt werde, es handele sich um ein besonders günstiges Angebot.

 

Verkäufer legt teuersten Preis zu Grunde

Zudem verstießen die verwendeten Streichpreise in der Bestellübersicht im Rahmen des Direktverkaufs gegen die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PangV). Die Verfügungsbeklagte stelle entgegen der gesetzlichen Vorgabe bei Angabe der Preisermäßigung nicht auf den niedrigsten Gesamtpreis ab, den sie selbst innerhalb der letzten 30 Tage vor Preisermäßigung angewendet habe, sondern nehme auf den teuersten auf der Plattform ermittelbaren Verkaufspreis Bezug.

 

Verbraucher kann Vor- und Nachteile nicht eindeutig erkennen

Der Verstoß gegen die Verordnung sei unlauter, führt das LG München I in den Urteilsgründen aus, da er geeignet sei, die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen: Die Werbung mit den Streichpreisen sei geeignet, den Verbraucher zum Kauf eines durch die Plattform selbst vertriebenen Markenparfums zu veranlassen, ohne dass der Verbraucher die Vor- und Nachteile der geschäftlichen Entscheidung eindeutig erkennen, abwägen und eine „effektive Wahl“ treffen könne. Gegenüber Mitbewerbern erlange das beklagte Portal damit einen nicht unerheblichen und unlauteren Wettbewerbsvorteil.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des LG München I vom 10. Oktober 2022

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