Die für die Rechteinhaber auftretenden Kanzleien rechtfertigten diese Beträge unter anderem mit der Rechtsprechung der vorwiegend in Köln und Düsseldorf angerufenen Gerichte, die bereits von einem Streitwert von 10.000,00 EUR ausgingen, wenn nur ein Musiktitel über eine Tauschbörse angeboten wurde. Waren Filme, Musikalben oder Computerspiele betroffen, waren nach Ansicht der angerufenen Gerichte auch weitaus höhere Gegenstandswerte gerechtfertigt. Die in der bisherigen Fassung des § 97a UrhG vorgesehene Deckelung des Aufwendungsersatzanspruchs auf 100,00 EUR, mit der von Seiten des Gesetzgebers bereits im Jahre 2008 schon einmal den Versuch unternommen hatte, die Betroffenen vor überbordenden Gebührenforderungen aus Abmahnungen zu schützen, scheiterte in der Rechtsprechungspraxis letztlich wegen der darin enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe.
Es bedurfte also der Änderungen von Kostenregelungen, um effektive Verbesserungen zu erreichen. Mit den nun beschlossenen Gesetzesänderungen scheint dies gelungen: Neben der Abschaffung des sogenannten fliegenden Gerichtsstandes durch den neuen § 104a UrhG, mit der die Rechtsprechung zur Höhe der angemessenen Schadensbeträge nicht wie bisher einigen wenigen Gerichten überlassen, sondern auf eine breitere Grundlage gestellt wird, sollen Verbesserungen vor allem dadurch erreicht werden, dass sich der Aufwendungsersatzanspruch der Rechteinhaber für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen auf Gebühren nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR für die Unterlassungsansprüche beschränkt (§ 97a Abs. 3 S. 2 UrhG n. F.). Danach würden sich die erstattungsfähigen Anwaltskosten auf 124,00 EUR belaufen.
Voraussetzung für die Deckelung ist, dass der Abgemahnte nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist. Dies dürfte den Regelfall der Abmahnungen wegen Filesharings erfassen. Damit tritt eine gesetzliche Regelung in Kraft, mit der beiden Seiten, nämlich sowohl den Abgemahnten aber auch den Rechteinhabern gedient ist: Die Verbraucher können, was die Anwaltskosten angeht, im gesetzlichen Regelfall nicht mehr mit überzogenen Forderungen konfrontiert werden. Die Rechteinhaber müssen sich nicht mehr der Kritik stellen, ihre mit der Rechtsdurchsetzung beauftragten Rechtsanwälte nutzten die massenhaft ausgesprochenen Abmahnungen in erster Linie zur Steigerung ihrer eigenen Umsätze.
Es bleibt nun abzuwarten, wie die Praxis, insbesondere die Rechtsprechung mit der neuen Gebührendeckelungsvorschrift umgehen wird. Die Gebührendeckelungsvorschrift enthält eine Ausnahme für die Fälle, in denen der auf 1.000,00 EUR gedeckelte Gegenstandswert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Bereits jetzt werden Stimmen laut, dass dies ein Einfallstor für ein Leerlaufen der Grundregelung werden könnte. Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden: Zwar enthält die Neuregelung mit dem Unbilligkeitsmerkmal einen auslegungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriff. Allerdings muss der abmahnende Rechteinhabers darlegen und beweisen, weshalb der Ansatz eines Wertes von 1.000,00 EUR unbillig niedrig wäre und daher ein Abweichen hiervon nach oben ausnahmsweise gerechtfertigt erscheint. Dies würde ihm aber nur dann gelingen, wenn er darlegen und beweisen könnte, dass die zur Rechtsverfolgung erforderliche anwaltliche Vertretung für 124,00 EUR nicht wirtschaftlich darstellbar wäre. Das aber ist wohl gerade nicht zu befürchten: Das Versenden von aus Textbausteinen bestehenden Abmahnungen mit eingescannter Unterschrift für je 124,00 EUR dürfte ohne weiteres wirtschaftlich darstellbar sein.
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