EuGH: Herr Schrems kann wegen eigener Ansprüche in Österreich gegen Facebook klagen

Hingegen kann er nicht als Zessionar von Ansprüchen anderer Verbraucher den Verbrauchergerichtsstand in Anspruch nehmen, um die abgetretenen Ansprüche geltend zu machen.

Würfel, auf denen News steht
Foto: Claudia Paulussen/AdobeStock

Herr Maximilian Schrems, der in Österreich wohnt, hat vor den österreichischen Gerichten Klage gegen  Facebook  Ireland  (im  Folgenden:  Facebook)  erhoben. Er wirft  Facebook zahlreiche Verstöße gegen datenschutzrechtliche Regelungen im Zusammenhang mit seinem privaten Facebook-Konto und den Konten von sieben weiteren Nutzern  vor, die ihm ihre Ansprüche zwecks Klageerhebung abgetreten haben. Bei den anderen Nutzern soll es sich ebenfalls um Verbraucher handeln, die in Österreich, Deutschland und Indien wohnen. Herr Schrems begehrt von den österreichischen Gerichten insbesondere die Feststellung der Unwirksamkeit bestimmter Vertragsklauseln sowie die Verurteilung von Facebook zur Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Daten zu eigenen Zwecken bzw. zu Zwecken Dritter sowie zur Leistung von Schadenersatz.

Facebook bestreitet die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte. Ihrer Ansicht nach kann Herr Schrems nicht die unionsrechtliche Regel in Anspruch nehmen, die es Verbrauchern erlaubt, einen ausländischen Vertragspartner vor den Gerichten ihres Wohnsitzes zu verklagen (im Folgenden: Verbrauchergerichtsstand). Da Herr Schrems nämlich Faceboook auch beruflich nutze (insbesondere mittels einer der Information über sein Vorgehen gegen Facebook gewidmeten Facebook-Seite4), könne er nicht als Verbraucher angesehen werden. Auf die abgetretenen   Ansprüche   sei  der Verbrauchergerichtsstand  nicht  anwendbar,   da  er  nicht übertragbar sei.

Vor  diesem  Hintergrund  ersucht  der  Oberste  Gerichtshof  (Österreich)  den  Gerichtshof  um Klarstellung der Voraussetzungen für die Geltendmachung des Verbrauchergerichtsstands.

Mit seinem heutigen Urteil antwortet der Gerichtshof, dass der Nutzer eines privaten Facebook- Kontos die Verbrauchereigenschaft nicht verliert, wenn er Bücher publiziert, Vorträge hält, Websites betreibt, Spenden sammelt und sich die Ansprüche zahlreicher Verbraucher abtreten lässt, um sie gerichtlich geltend zu machen.

Dagegen kann der Verbrauchergerichtsstand nicht für die Klage eines Verbrauchers in Anspruch genommen werden, mit der er am Klägergerichtsstand nicht nur seine eigenen Ansprüche geltend macht, sondern auch Ansprüche, die von anderen Verbrauchern mit Wohnsitz im gleichen Mitgliedstaat, in anderen Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten abgetreten wurden.

Zur Einstufung als Verbraucher führt der Gerichtshof aus, dass der Verbrauchergerichtsstand grundsätzlich nur dann Anwendung findet, wenn der Zweck des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags nicht in der beruflichen oder gewerblichen Verwendung des Gegenstands oder der Dienstleistung besteht, auf die sich der Vertrag bezieht. Bei Diensten eines sozialen Online-Netzwerks, die auf eine langfristige Nutzung ausgelegt sind, ist die weitere Entwicklung der Nutzung der betreffenden Dienste zu berücksichtigen.

Somit könnte sich ein Kläger, der solche Dienste nutzt, nur dann auf die Verbrauchereigenschaft berufen, wenn die im Wesentlichen nicht berufliche Nutzung dieser Dienste, für die er ursprünglich einen Vertrag abgeschlossen hat, später keinen im Wesentlichen beruflichen Charakter erlangt hat.

Da der Verbraucherbegriff aber in Abgrenzung zum Unternehmerbegriff definiert wird und von den Kenntnissen und Informationen, über die die betreffende Person tatsächlich verfügt, unabhängig ist,  nehmen  ihr  weder  die  Expertise,  die  diese  Person  im  Bereich  der  betreffenden  Dienste erwerben kann, noch ihr Engagement bei der Vertretung der Rechte und Interessen der Nutzer solcher Dienste die Verbrauchereigenschaft. Eine Auslegung des Verbraucherbegriffs, die solche Tätigkeiten  ausschließt,  würde  nämlich  darauf  hinauslaufen,  eine  effektive  Verteidigung  der Rechte, die den Verbrauchern gegenüber ihren gewerblichen Vertragspartnern zustehen, einschließlich der Rechte auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten zu verhindern.

Hinsichtlich der abgetretenen Ansprüche weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Verbrauchergerichtsstand zum Schutz des Verbrauchers als Partei des betreffenden Vertrags geschaffen wurde. Daher ist der Verbraucher nur geschützt, soweit er persönlich Kläger oder Beklagter in einem Verfahren ist. Folglich kann der Verbrauchergerichtsstand einem Kläger, der selbst nicht an dem betreffenden Verbrauchervertrag beteiligt ist, nicht zugutekommen. Dies gilt auch für einen Verbraucher, dem Ansprüche anderer Verbraucher abgetreten wurden.

Urteil in der Rechtssache C-498/16 Maximilian Schrems / Facebook Ireland Limited

Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 25.01.2018

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