"DWD WarnWetter-App" darf nur für Wetterwarnungen kostenlos und werbefrei sein

von Carl Christian Müller

Der Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass der Deutsche Wetterdienst (DWD) eine App mit zahlreichen über Wetterwarnungen hinausgehenden Informationen zum Wetter nicht kostenlos und werbefrei anbieten darf (Urteil vom 12. März 2020 - I ZR 126/18). Der I. Zivilsenat des BGH ist zuständig für das Wettbewerbsrecht.

Wetter App auf Smartphone
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Klägerin bietet werbefreie Wetterberichte kostenpflichtig an

Die Klägerin bietet meteorologische Dienstleistungen wie Wetterberichte über das Internet und über eine App für mobile Endgeräte an. Die App der Klägerin ist in der Standard-Version kostenlos sowie werbefinanziert und in einer werbefreien Version gegen Entgelt erhältlich. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist der nationale meteorologische Dienst der beklagten Bundesrepublik Deutschland und seine Befugnisse sowie Aufgaben sind im Deutschen Wetterdienst Gesetz (DWDG) geregelt.

 

DWD darf unentgeltlich Wetterwarnungen veröffentlichen

Zu den Aufgaben des DWD gehören etwa die Erbringung meteorologischer Dienstleistungen für die Allgemeinheit und die Herausgabe amtlicher Warnungen über Wettererscheinungen. Für seine Dienstleistungen verlangt der DWD grundsätzlich eine Vergütung. Die Herausgabe von amtlichen Warnungen über Wettererscheinungen an die Allgemeinheit ist allerdings entgeltfrei. Solche unentgeltlichen Leistungen darf der DWD selbst öffentlich verbreiten.

 

Kostenfreie DWD-App enthält ausführliche Wetterberichte und Zusatzinformationen

Seit Juni 2015 bietet der DWD eine "DWD WarnWetter-App" für mobile Endgeräte an. Mit dieser App können nicht nur Wetterwarnungen, sondern auch zahlreiche allgemeine Informationen zum Wetter einschließlich detaillierter Wetterberichte abgerufen werden. Diese App war - in der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Version - für alle Inhalte unentgeltlich und werbefrei.

 

Klägerin hält App des DWD für wettbewerbswidrig

Die Klägerin hält das unentgeltliche Anbieten und Verbreiten der Inhalte der DWD WarnWetter-App für wettbewerbswidrig, da der DWD allenfalls amtliche Wetterwarnungen unentgeltlich verbreiten dürfe. Die DWD WarnWetter-App benachteilige wegen ihrer Finanzierung durch den Staat nichtstaatliche Anbieter von Wetter-Anwendungen. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Den Unterlassungsanspruch hat sie in erster Linie auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften, hilfsweise auf das öffentliche Recht gestützt.

 

Erste Instanz sieht in Verhalten des DWD einen Verstoß gegen das UWG

Das Landgericht Bonn hat die Regelungen im Deutschen Wetterdienst Gesetz (DWDG), die bestimmen, welche Leistungen der DWD nur gegen Vergütung und welche er entgeltfrei erbringen darf, als Marktverhaltensregelungen im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) angesehen. In dem unentgeltlichen Anbieten der Warnwetter-App hat das Landgericht einen Verstoß gegen diese Vorschriften gesehen und die Beklagte deshalb zur Unterlassung verurteilt.

 

Berufungsinstanz weißt Klage durch Teilurteil ab

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die auf das Wettbewerbsrecht gestützte Klage durch Teilurteil abgewiesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe nicht im Sinne des UWG geschäftlich gehandelt. Sie sei vielmehr zur Erfüllung der ihr durch das DWDG zugewiesenen öffentlichen Aufgaben tätig geworden. Soweit sie durch das Nichterheben einer Gegenleistung möglicherweise ihren Kompetenzbereich überschritten habe und dies gegen das Gesetz über den Deutschen Wetterdienst verstoße, begründe dies kein Handeln im geschäftlichen Verkehr. Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs hat das Berufungsgericht den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht verwiesen.

 

BGH bestätigt erstinstanzliches Urteil

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und das der Klage stattgebende landgerichtliche Urteil im Wesentlichen wiederhergestellt. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt: Das Berufungsurteil musste schon deshalb aufgehoben werden, weil das Berufungsgericht nicht durch Teilurteil über die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche entscheiden und den Rechtsstreit wegen der öffentlich-rechtlichen Ansprüche an das Verwaltungsgericht verweisen durfte. Das Berufungsgericht hätte vielmehr alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen selbst prüfen müssen. Der Bundesgerichtshof musste den Rechtsstreit gleichwohl nicht zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen, weil er die Sache auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst abschließend entscheiden konnte.

 

BGH: "DWD-WarnWetter-App" muss sich am Wettbewerbsrecht messen lassen

Danach hatte die Klage Erfolg. Der DWD hat mit seinem für die Nutzer kostenlosen und nicht durch Werbung finanzierten Angebot einer WarnWetter-App zwar nicht erwerbswirtschaftlich, sondern allein zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben gehandelt. Er hat dabei aber die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage aus dem DWDG überschritten, weil sich die Inhalte der unentgeltlichen WarnWetter-App nicht auf Wetterwarnungen beschränkten, sondern darüber hinaus zahlreiche allgemeine Wetterinformationen enthielten. Deshalb ist das Angebot der WarnWetter-App als geschäftliche Handlung anzusehen und an den Regeln des Wettbewerbsrechts zu messen.

 

DWD muss nun Vergütung für App verlangen oder Werbung schalten

Bei den Bestimmungen des DWDG, welche Leistungen der DWD nur gegen Vergütung und welche er entgeltfrei erbringen darf, handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne des UWG, deren Verletzung wettbewerbswidrig ist. Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass der DWD seine Dienstleistungen im Grundsatz nur unter Marktbedingungen erbringen darf und wie jeder andere Anbieter einer Anwendungssoftware für meteorologische Dienstleistungen hierfür entweder unmittelbar eine Vergütung verlangen muss oder - wenn die Anwendungssoftware kostenlos abgegeben wird - diese Leistungen mittelbar etwa durch Werbeeinnahmen finanzieren muss. Diese Regelungen haben den Zweck, die Betätigung des DWD auf dem Markt der meteorologischen Dienstleistungen zum Schutz privatwirtschaftlicher Mitbewerber zu begrenzen.

 

Vorinstanzen:
LG Bonn - Urteil vom 15. November 2017 - 16 O 21/16
OLG Köln - Urteil vom 13. Juli 2018 - 6 U 180/17

 

Quelle: Pressemitteilung BGH vom 12.03.2020

 

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Carl Christian Müller, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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