Das Ende der Störerhaftung – verlieren Filesharing-Abmahnungen ihren Schrecken?

von Carl Christian Müller

Betreiber von offenen W-LANs können nicht mehr auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden

Am heutigen Tage sind die Änderungen zur Störerhaftung im Telemediengesetz (TMG) in Kraft getreten. Danach haften die Betreiber eines offenen WLAN Netzwerkes künftig nicht mehr für Rechtsverletzungen, die Nutzer über ihren WLAN-Anschluss begangen haben. Der Betreiber eines offenen WLANs muss also künftig weder die Kosten der Abmahnung wegen Filesharings übernehmen noch muss er eine Unterlassungserklärung unterschreiben, wenn Dritte über sein WLAN eine Rechtsverletzung wie unerlaubtes Filesharing begehen. Dahinter steckt die Idee, dass es insbesondere für Cafés, Hotels oder Hot-Spot-Anbieter attraktiver werden soll, offene WLAN-Netzwerke anzubieten.

Störerhaftung abgeschafft - Abmahnung wegen Filesharing
Störerhaftung abgeschafft - Abmahnung wegen Filesharing

Regelung zur Störerhaftung gilt für alle Dienstanbieter

Die neue Regelung im TMG spricht allerdings nicht ausschließlich gewerbliche Betreiber von offenen WLAN-Netzwerken an. Sie gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes für "Dienstanbieter". Diensteanbieter ist nach der im TMG zu findenden Definition

jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt.

Die Definition unterscheidet also nicht nach privat und gewerblich oder nach Unternehmer oder Verbraucher. Damit können sich also auch "private" WLAN-Netzwerkbetreiber, wie Familien oder Wohngemeinschaften im Fall einer Filesharing-Abmahnung auf die neue Haftungserleichterung berufen.

Filesharing-Abmahnungen und ein Ende?

So einfach wird es wohl nicht werden:

  • Zum einen haftet derjenige, der die Urheberrechtsverletzung in Form von Filesharing begangen hat, nach wie vor selbst.
  • Zum anderen gilt nach wie vor der vom Bundesgerichtshof aufgestellte Grundsatz, nachdem zunächst vermutet wird, dass der Anschlussinhaber, über dessen Anschluss eine Urheberrechtsverletzung in Form von Filesharing festgestellt worden ist, seinen Anschluss selbst nutzt und damit als Täter in Betracht kommt.

Zwar wird es insbesondere für öffentliche WLAN-Netzwerkbetreiber künftig einfacher, sich dieser Vermutungsregelung zu entziehen. Sie können auch nach Erhalt einer Abmahnung wegen Filesharings einwenden, dass sie ein öffentliches WLAN-Netzwerk anbieten. Das wird in der Regel auch relativ einfach nachweisbar sein. Hier spricht dann nach der Lebenswahrscheinlichkeit viel dafür, dass ein Dritter und nicht der Betreiber des WLANs das Filesharing zu verantworten hat.

Und was ist mit den privaten WLAN-Netzwerken?

Grundsätzlich greift auch hier die Haftungserleichterung. Das Gesetz spricht nämlich nicht von "offenen" oder "öffentlichen" WLAN-Netzwerken. Vielmehr heißt es in § 8 Abs. 1 TMG nur:

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

  1. die Übermittlung nicht veranlasst,
  2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
  3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.

Da - wie bereits gesagt - Dienstanbieter auch jede natürlich Person sein kann, also auch der Familienvater oder der WG-Vorstand, fallen auch solche WLAN-Netzwerke unter die Haftungserleichterung, die weiteren Mitnutzern (Familienangehörigen, Mitbewohnern, Besuchern) angeboten werden. Es kommt nach dem Wortlaut des Gesetzes auch nicht darauf an, ob das Netzwerk verschlüsselt oder unverschlüsselt betrieben wird.

Tatsächlich werden diese Fälle in der Praxis aber wohl - wie bisher auch - mit der sekundären Darlegungslast entschieden werden. Insbesondere bei einem verschlüsselten WLAN-Netzwerk wird also der Anschlussinhaber wie bisher auch die Personen, die zum Zeitpunkt des Filesharings Zugang zum Internet hatten, benennen und zu deren Nutzungsverhalten Stellung nehmen müssen. Entscheidet sich der Anschlussinhaber jedoch, sein Netzwerk tatsächlich zu öffnen und jedermann zur Verfügung zu stellen, könnte es schon einfacher werden, sich aus der Haftung zu befreien. Hier wird aber abzuwarten bleiben, wie sich die Rechtsprechung dazu stellen wird.

Filesharing-Abmahnungen und doch kein Ende

Damit dürfte klar sein, dass es für die Rechteinhaber in einigen Fällen wohl tatsächlich schwerer wird, mit Abmahnungen gegen Filesharing vorzugehen. Dennoch dürfte kaum zu erwarten sein, dass aus diesem Grunde die Zahl der Abmahnungen sinkt. Zum einen haftet derjenige, der für die Rechtsverletzung selbst verantwortlich ist, nach wie vor auf Unterlassung und Schadensersatz. Zum anderen ist Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer oder Daniel Sebastian ja mit der gesetzlichen Änderung nicht grundsätzlich verboten, eine in Form von Filesharing begangene Rechtsverletzung abzumahnen. Und im Zeitpunkt des Versands der Abmahnung ist ja noch nicht klar. ob die Rechtsverletzung von einem offenen WLAN Netzwerk ausgegangen worden ist oder ob eine täterschaftlicher Haftung vorliegt. Es wird daher wohl weiter abgemahnt.

Rechteinhaber können bei Filesharing Internetsperren verlangen

Zudem hat der Rechteinhaber im Fall eines offenen WLAN Netzwerkes die Möglichkeit, von dem Betreiber des WLAN-Netzwerkes die Sperrung derjenigen Internetseite zu verlangen, über den die Rechtsverletzung tatsächlich gelaufen ist. Das bedeutet, dass zum Beispiel Filesharing-Seiten gesperrt werden müssen, über die von dem WLAN Netzwerk aus bereits urheberrechtlich geschützt es Material hochgeladen wurde. Dies dürfte Seiten wie The Pirate Bay betreffen, welche eine der bekanntesten Webseiten zum Tauschen von Filmen, Serien und Musik ist.

Keine Registrierungspflicht für Nutzer

WLAN Netzwerkbetreiber dürfen künftig aber nicht mehr dazu verpflichtet werden, Nutzer zu registrieren oder zu verlangen, dass Nutzer ein Passwort angeben. Zudem dürfen Betreiber auch nicht mehr dazu verpflichtet werden, das WLAN Netzwerk zu verschlüsseln oder eine Identitätsprüfung einzubauen. Dagegen bleibt es den Betreibern von offenen WLAN Netzwerken nach wie vor unbenommen, freiwillig solche Sicherheitsmaßnahmen einzubauen.

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