Amtsgericht Aachen: Rechtsanwaltskosten bei Abmahnung sind aus einem Streitwert von 3.000,00 EUR zu bestimmen

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Das Amtsgericht Aachen hat mit einem im Juli verkündeten Urteil (Az.: 115 C 77/10) entschieden, dass ein Rechtsanwalt, der mit der Verteidigung eines Abgemahnten beauftragt ist, lediglich aus einem Gegenstandswert in Höhe von 3.000,00 EUR abrechnen darf und setzte die dem Rechtsanwalt zustehenden Gebühren auf 316,18 EUR herab.

Würfel, auf denen News steht
Foto: Claudia Paulussen/AdobeStock

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Beklagte hatte zwei Abmahnungen erhalten und suchte bei dem klagenden Rechtsanwalt Rat. Dieser vertrat den Abgemahnten und rechnete dann jedoch einmal aus einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR und bei der zweiten Abmahnung aus einem Gegenstandswert in Höhe von 50.000,00 EUR ab. Die Kostennoten beliefen sich auf 886,19 EUR bzw. 1.641,96 EUR. Der Abgemahnte fand die Gebührenrechnungen überzogen – zu Recht, wie das Amtsgericht Aachen entschied. Es kürzte die jeweiligen Gegenstandswerte deutlich auf jeweils 3.000,00 EUR und sprach dem Rechtsanwalt jeweils 316,18 EUR zu.

Der Rechtsanwalt hatte argumentiert, seiner Tätigkeit seien die in der Abmahnung genannten Gegenstandswerte zu Grunde zu legen. Diese haben sich eben auf 10.000,00 EUR bzw. 50.000,00 EUR belaufen. Dem wiedersprach das Amtsgericht Aachen:

Im Verhältnis zum Abgemahnten zu dem von ihm vertretenen Rechtsanwalt sei nicht der in der Abmahnung angegebene Wert, sondern der tatsächliche Wert des rechtlich verfolgten Interesses maßgeblich. Da sich anwaltliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 RVG auf das Bestehen/Nichtbestehen eines Rechtsanspruchs oder zumindest eines rechtlichen Verhältnisses beziehe, betreffe der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit die Rechte oder Rechtsverhältnisse des Auftraggebers, die dieser durchzusetzen oder abzuwehren gedenke. Dabei sei in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Abmahnung diene dem Ziel, ein weiteres Anbieten von Musiktiteln im Internet zum Download zu verhindern. Das Interesse des Abgemahnten sei es, diesen Anspruch abzuwehren. Dieses Interesse sei nicht in mathematischer Abhängigkeit von der Anzahl der in das Netz gestellten Titel zu bemessen. Vielmehr seien hier die Gesamtumstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Gleichwohl seien der Umfang und das Ausmaß der streitigen Rechtsverletzung sowie der mögliche Schaden, der bei einer Fortsetzung der Teilnahme an der Tauschbörse durch erneutes Einstellen von Titeln in nicht vorherzusehender Anzahl droht, zu berücksichtigen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und des Weiteren der durch das Oberlandesgericht Köln dargestellten Kriterien bemaß das Amtsgericht Aachen bei einem aktuellen Musikalbum mit 12 Titeln den Gegenstandswert auf 3.000,00 EUR. Dabei, so das Amtsgericht Aachen weiter, sei auch berücksichtigt, dass die Zahl der öffentlich zugänglich gemachten Titel deutlich unterhalb der durch das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil vom 23.12.2009, Aktenzeichen: 6 U 101/09, I-6 U 101/09) und das Landgericht Köln (LG Köln, Urteil vom 27.01.2010, Aktenzeichen: 28 O 241/09 – zitiert nach Juris) zu beurteilenden Mengen lag. Das Oberlandesgericht Köln setzte für die Onlinestellung von 964 Musikdateien im Einzelfall einen Streitwert von 200.000,00 EUR an. Das Landgericht Köln setzte für 543 Titel einen Streitwert in Höhe von 160.000,00 EUR an. Bei 12 Titeln sei daher von einem Streitwert in Höhe von 3. 000 € auszugehen.

Fazit:

Die Begründung des Urteils orientiert sich an dem gewünschten und aus unserer Sicht wünschenswerten Ergebnis. Das Gericht mochte offenbar nicht einsehen, dass Abgemahnte, die sich nach Erhalt einer Abmahnung ratsuchend an einen Anwalt wenden, hier mit einer weiteren unangenehmen Überraschung, nämlich aus Sicht des Amtsgericht Aachen deutlich überzogenen Gebührennote des eigenen Anwalts konfrontiert sehen. Allerdings ist davor zu warnen, das Urteil des Amtsgerichts Aachen als grundsätzliche Entscheidungen im Sinne von Gegenstandswerten bei Abmahnungen wegen Filesharings zu sehen, da es hier zwischenzeitlich eine Vielzahl obergerichtlichen Urteilen gibt, die die Streitwerte zwischen 10.000,00 EUR und 100.000,00 EUR festsetzen. Das Amtsgericht Aachen hat sich eine dieser Entscheidungen herausgepickt und in einer schienbar bestechenden Logik den Streitwert für die dem Fall zu Grunde liegenden Abmahnungen auf 3.000,00 EUR herunter gerechnet.

Wenn Sie abgemahnt worden sind und einen Anwalt mit Ihrer Vertretung beauftragen möchten, sollten Sie daher dringend darauf achten, vor der Beauftragung nach den konkreten Kosten zu fragen. Fragen Sie ruhig auch zwei oder drei Mal nach. Geben Sie sich auf keinen Fall mit einer Antwort zufrieden, die im Ungefähren bleibt oder aber nur den Gegenstandswert benennt.

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