In dem Rechtstreit streiten die Parteien um eine Gebührenrechnung der Rechtsanwaltsgesellschaft Scheffler in Höhe von ursprünglich 1.761,08 EUR, die zum Einzug an eine anwaltliche Verrechnungsstelle abgetreten war. Der Beklagte hatte eine Abmahnung wegen Filesharings erhalten und sich ratsuchend zunächst an die Rechtsanwaltsgesellschaft Scheffler gewendet. Nachdem der Beklagte eine Vergütungsvereinbarung mit der Rechtsanwaltsgesellschaft unterzeichnet hatte, formulierte diese für ihren ehemaligen Mandanten eine modifizierte Unterlassungserklärung und empfahl, diese ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abzugeben. Diesem Rat folgte der Beklagte. Wenig später erhielt er die Rechnung über 1.761,08 EUR. Nachdem er einen kleineren Teil der Rechnung ausgeglichen hatte und im Übrigen die Zahlung verweigerte, klagte die anwaltliche Verrechnungsstelle auf Ausgleich des restlichen Betrages in Höhe von 1.358,26 EUR. Das Amtsgericht Kiel wies die Klage ab.
Der Beklagte hat erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, dass eine Sachverhaltsaufklärung durch die Kanzlei Scheffler nicht stattgefunden hat. Insbesondere hatte es die Rechtsanwaltsgesellschaft nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten versäumt, den Beklagten danach zu befragen, wie es zu der Abmahnung gekommen sei, insbesondere die Frage nicht geklärt, wer die Rechtsverletzung begangen habe. Tatsächlich hatte diese nicht der Beklagte, sondern nach dessen zunächst unwidersprochenen Vortrag die minderjährige Tochter des Beklagten begangen. Dies ließ die Klägerin schließlich bestreiten. Das Bestreiten wertete das Gericht jedoch nicht mehr als maßgeblich, da es nach der Schriftsatzschlussfrist und damit verspätet erfolgte.
Das Amtsgericht Kiel ist der Auffassung, dass die Kanzlei Scheffler auf Grund der unterlassenen Aufklärung des Sachverhaltes einen falschen Rat erteilt hat. Der Beklagte habe die Unterlassungserklärung nicht abgeben müssen, da er selbst als Rechtsverletzer nicht in Frage komme und für die Handlung seiner Tochter nicht hafte. Insofern schließt sich das Amtsgericht Kiel ausdrücklich der Rechtsprechung des OLG Frankfurt (Beschl. v. 20.12.2007 – 1 W 58/07) und des Landgerichts Mannheims an (Urteil vom 30.01.2007 – 2 O 71/06), nach der den Anschlussinhaber keine grundsätzliche Verpflichtung trifft, seine Familienangehörigen bei der Nutzung des Internets zu überwachen.
Im Hinblick auf die Aufklärung des Sachverhaltes habe für die Rechtsanwaltsgesellschaft Scheffler jedoch die Verpflichtung bestanden, die relevanten Fakten durch Befragung zu erhalten, da der Mandant regelmäßig nicht wissen könne, auf welche Fakten es für die erfolgreiche Rechtsverteidigung ankomme. Diese Pflicht habe die Rechtsanwaltsgesellschaft Scheffler vorliegend nicht erfüllt und auf Grundlage des ungeklärten Sachverhaltes einen unzutreffenden Rat erteilt, da die Abmahnung als unberechtigt zurückgewiesen hätte werden müssen. Hierin sei eine Schlechterfüllung des anwaltlichen Mandatsvertrages zu sehen, mit der Folge, dass die Beratung für den Beklagten wertlos war und einen Gebührenanspruch nicht entstehen ließ.
Die Klägerin hat zwischenzeitlich Berufung beim Landgericht Kiel eingelegt. Es bleibt also abzuwarten, ob sich die Rechtsansicht des AG Kiel durchsetzen wird.
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