In den USA wird derzeit der Entwurf eines neuen Anti-Piraterie-Gesetzes, des »Stop Online Piracy Act« (SOPA), heiß diskutiert. Ziel des Gesetzes ist es gegen Internetseiten vorzugehen, Urheberrechte verletzten oder Urheberrechtsverletzungen ermöglichen oder fördern. Mit dem Gesetz soll die US-Generalanwaltschaft ermächtigt werden, Internet-Provider und Suchmaschinen ohne vorherige Anhörung zu dem Fall vor einem Gericht anzuordnen, Zugriffe auf bestimmte Websites zu unterbinden, um Nutzer aus den USA daran zu hindern, auf illegale Inhalte auf Seiten außerhalb der USA zuzugreifen. Zudem soll es über den gleichen Weg möglich sein, Zahlungsdienstleister und Werbenetzwerke zu zwingen, Geschäftsbeziehungen zu vermeintlichen Piraterieseiten binnen fünf Tagen abzubrechen. Schließlich sieht der Gesetzesentwurf vor, Domains angeblicher Piraterieseiten zu beschlagnahmen.
Das Bundesministerium für Justiz hat angekündigt, einen stärkeren Fokus auf Missstände bei Abmahnungen vorzugehen und einen Gesetzentwurf vorzulegen, der über Streitwert- und Gebührenreduzierungen den finanziellen Anreiz für Abmahnungen reduziert. Neben dem Internethandel hat das Ministerium auch die Internetnutzer im Blick und möchte im Urheberrecht, „wo anwaltliche Geschäftsmodelle, die allein auf die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern ausgerichtet sind und damit den eigentliche Abmahnzweck, nämlich berechtigte Interessen unbürokratisch außerhalb von Gerichtsverfahren einfordern zu können, immer weiter in den Hintergrund drängen“ den Abmahnmissbrauch eindämmen.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 28. September 2011 entschieden, dass die Gebührendeckelungsvorschrift des § 97 a Abs. 2 UrhG, nach der der Rechteinhaber für die ihnen durch die Abmahnung einer urheberrechtlichen Verletzungshandlung entstehenden Kosten unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr als 100,00 EUR verlangen können, nicht auf Rechtsverletzungen anwendbar sind, die vor dem 01. September 2008 begangen wurden, da die Vorschrift erst an diesem Tag in Kraft getreten ist. (Aktenzeichen: I ZR 145/10).
Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Oscar-Verleihung die relevante wirtschaftliche Auswertungsphase von 6 Monaten eines Films neu in Gang setzen kann und innerhalb dieses Zeitraums eine Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß vorliegt, wenn der Film über Tauschbörsen anderen Internetnutzern zum Download angeboten wird. Dem Beschluss des Gerichts vom 05.05.2011 (Az.: 6 W 91/11) war ein Antrag der Rechteinhaberin gegen einen Telefonprovider vorausgegangen, mit dem die Rechteinhaberin Auskunft über die hinter einer IP-Adresse
Solange nicht bewiesen ist, dass die IP-Adresse während des gesamten Download-Vorganges dem Anschluss der Abgemahnten zugeordnet gewesen ist, steht die Verantwortlichkeit der Anschlussinhaber nicht fest. Ist einem Anschlussinhaber zum Tatzeitpunkt eine bestimmte IP-Adresse zugewiesen, spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber für eine unter dieser IP-Adresse begangene Rechtsverletzung verantwortlich ist, was wiederum zu einer sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers führt, wenn er geltend macht, dass ein anderer die Rechtsverletzung begangen habe. Darüber hinaus die Darlegungslast hinaus die Beweislast zu Lasten der Anschlussinhaber umzukehren würde jedoch bedeuten, dass die Grundrechte der Anschlussinhaber unverhältnismäßig beeinträchtigt würden. Das hat das Landgericht Stuttgart entschieden und eine Klage von vier von der Kanzlei Waldorf Frommer vertretenen Musikunternehmen abgewiesen (Landgericht Stuttgart, Urteil vom 28.06.2011 – Az.: 17 O 39/ 11).
Über 570.000 Abmahnung wegen Filesahring sollen im Jahr 2010 verschickt worden sein, das jedenfalls ist der Jahresstatistik des Vereins gegen den Abmahnwahn e.V. zu entnehmen. Und die Zahl wird ansteigen, glaubt man den Schätzungen der Verbraucherzentrale des Landes Nordrhein-Westfalen. Hier habe sich mittlerweile ein eigenes Geschäftsfeld etabliert, mit dem viel Geld zu verdinen sei. Im Jahr 2010 sei es um Forderungen von 412 Millionen Euro gegangen. Mittlerweile hätten sich etwa 40 Anwaltskanzleien auf Abmahnungen wegen Filesharings spezialisiert. Zur Meldung geht es hier.
Der Vorsitzende des Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag, Siegfried Kauder (CDU), hat nach einer Meldung des Handelsblatts ein Two-Strikes-Warnmodell angekündigt. "Three Strikes" steht in den USA, Groß Britannien und in Frankreich für ein Modell, nach dem die Telefonprovider verpflichtet sind, den über einen Telefonschluss hoch- bzw. runtergeladenen Content zu überwachen und bei einem gegen das Urheberrechtsgesetz Verwarnungen auszusprechen. Nach einem dritten Verstoß wird der Internetzugang gesperrt.
Erneut sorgt das OLG Köln mit Beschluss vom 20.05.2011 (Az. 6 W 30/11) für eine kleine Überraschung im positiven Sinne: Es legt dem abmahnenden Rechteinhaber die Kosten des Gerichtsverfahrens auf, weil dieser der Abmahnung eine Unterlassungserklärung beigefügt hatte, die zu weit gefasst war und sich nicht nur auf das im konkreten Fall „getauschte Werk“ bezog, sondern vielmehr auf das gesamte urheberrechtlich geschützte Repertoire der Rechtinhaberin. Zudem wurde in der Abmahnung darauf hingewiesen, dass die Unterlassungserklärung unwirksam werden könne, wenn sie eingeschränkt werde und sich daraus Kostennachteile ergeben könnten. Erst kürzlich hatte das OLG Köln im Sinne der Verbrauche entschieden.
Derzeit versendet die Berliner Kanzlei Denecke Priess & Partner Abmahnungen wegen der angeblichen Verletzung von Nutzungsrechten nach dem Urheberrechtsgesetz. Mit der Abmahnung werden Beseitigungs-, Unterlassungs-, Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Der Empfänger der von der Kanzlei Denecke & Partner verfassten Abmahnung wird aufgefordert, innerhalb einer kurz bemessenen Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, nach der sich der Empfänger der Abmahnung verpflichtet, es künftig zu unterlassen, die abgemahnte Fotografie im Internet öffentlich zugänglich zu machen.
Das Amtsgericht Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 1. Februar 2010 (Az.: 30 C 2353/09-75) die Anwendung der Gebührendeckelungsvorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG bei Filesharing-Abmahnungen bejaht. Nach Auffassung des Gerichts waren in dem konkreten Fall sämtliche Voraussetzungen der Vorschrift (erstmalige Abmahnung, einfach gelagerter Fall, unerhebliche Rechtsverletzung, außerhalb des geschäftlichen Verkehr) gegeben.
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