Hierzu können wir in den allermeisten Fällen bereits deshalb nicht raten, weil die in den Schreiben bzw. Rechnungen ausgeworfenen Beträge nicht individuell festgesetzt werden, sondern automatisiert generiert sind. Es wird also nicht nachgeprüft, ob die Forderung im Einzelfall der Höhe nach gerechtfertigt ist. Zudem: Bei der automatisierten Bemessung der dem Fotografen oder Rechteinhaber angeblich entstandenen Lizenzschaden greift das Unternehmen in allen uns bekannten Fällen auf die Tarife der MFM Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing zurück. Dieses Berechnungsmodell führt dann schnell zu absurd teuren Schadensersatzforderungen zu Lasten des Abgemahnten.
MFM-Tarife - was ist das?
Die MFM ermittelt jährlich die aktuellen Honorare für Fotonutzungen in Deutschland und gibt diese unter dem Titel Bildhonorare als Broschüre heraus. Ob aber die sogenannten MFM-Empfehlungen, bei denen es sich weniger um eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte als vielmehr eher um eine einseitige Festlegung der Anbieterseite handelt, tauglich sind, um den sogenannten Lizenzschaden zu berechnen ist mehr als umstritten und nach der Rechtsprechung von Einzelfall zu Einzelfall zu beurteilen.
Sind die MFM-Tarife überhaupt anwendbar?
Die Frage ist berechtigt. Denn auch der Rechtsprechung bestehen bereits deshalb Zweifel daran, weil die Tarife von einem Interessenverband der Berufsfotografen einseitig festgelegt werden. Voraussetzung ist jedenfalls, dass das Bild nicht im rein privaten Kontext genutzt wurde und die Fotografie zudem von einem Berufsfotografen stammt (OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13) bzw. in seiner Qualität an eine professionelle Aufnahme heranreicht (OLG München, Urteil vom 05.12.2013, Az. 6 U 1448/13; LG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2012, Az. 23 S 386/11; LG Köln, Urteil vom 27.05.2014, Az.: 14 S 38/13).
Entscheidend: Kann der Fotograf eine Lizenzpraxis nachweisen?
Aber allein der Umstand, dass die Fotografie von einem Berufsfotografen gefertigt worden ist, reicht ebenfalls nicht aus. Hierzu führt das Landgericht Berlin in einer von uns erstrittenen Entscheidung (Urteil vom 29.01.2016 - 16 O 522/14) aus:
Für die Berechnung dieser Lizenzgebühr ist nicht mechanisch auf die MFM-Tabelle abzustellen. Maßgebend ist vielmehr die eigene Lizensierungspraxis des Urhebers. Die MFM-Tabelle, bei der ohnehin zweifelhaft ist, inwieweit sie tatsächlich die üblichen Lizenzen von Berufsfotografen abbildet, ist nur dann anzuwenden, wenn auch eine entsprechende Lizensierungspraxis besteht. Die MFM-Tabelle führt zu extrem hohen Schadensersatzbeträgen, die in den meisten Fällen nicht der Lizensierungspraxis des Fotografen entsprechen. Auch der Bundesgerichtshof (GRUR 2015, 258 Rn. 75 – CT-Paradies) geht inzwischen davon aus, dass die Beträge der MFM-Tabelle unangemessen hoch sind.
Nach der von uns mitgeprägten Berliner Rechtsprechung bedarf es also darüber hinaus eines konkreten Nachweises, dass das Bild im fraglichen Nutzungszeitraum tatsächlich zu den in der MFM-Tabelle genannten Tarifen lizensiert worden ist - ein Nachweis der nach unseren Erfahrungswerten selten gelingt.